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Berlin: Studienfreude

Jetzt beginnt das Sommersemester. Wo gibt es die besten Mensen, Partys, Sportangebote und Jobs?

Bisher hat Jeannette geglaubt, an einer durchschnittlichen Massenuni zu studieren. Kunstgeschichte an der Freien Universität, seit sieben Semestern. Jetzt ist plötzlich alles anders: Seit die FU in die engere Auswahl gekommen ist, im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes zur Elitehochschule zu werden, sieht Jeannette ihren Campus mit anderen Augen. „Auffällig viele Pullunderträger mit Laptops hier. Eine echte Spitzen- uni eben.“ Sagt sie und grinst. „Die sind mir früher gar nicht aufgefallen.“

Am Dienstag beginnt für Jeannette und die anderen 140 000 Berliner Studenten das Sommersemester. Berlin ist mit seinen 14 öffentlichen Hochschulen die größte Universitätsstadt Deutschlands. Nur fällt das kaum auf, weil die Studenten das Stadtbild weniger prägen als in kleinen Orten mit Hochschultradition wie Jena, Göttingen oder Marburg. Was aber nicht heißt, dass es hier kein studentisches Leben gibt. Man muss nur die richtigen Adressen kennen. Zum Beispiel die Partys: Manche Großraumdiskos werben auf Flyern mit „Studentenpartys“ und billigem Schnaps – und locken damit hauptsächlich Schüler an. Sehr empfehlenswert sind dagegen einige Fachbereichspartys. Wenn das Lateinamerika-Institut der FU an der Rüdesheimer Straße einlädt, ist „jedes Mal Feuer drin“, sagt Andreas Hempel, eigentlich TU-Student. Und zwar deshalb, weil „viele Südamerikaner dort feiern. Die bringen sogar Deutsche dazu, aus sich rauszugehen und unpeinlich zu tanzen“. Sein zweiter Tipp: „Alles, was an der Universität der Künste stattfindet.“ Wo Bildende Künstler, Designer und Musiker zusammen feiern, könne nicht viel schief gehen. Auch die Physiologie-Partys am Spreeufer sind beliebt, nicht nur wegen der Freigetränke. Leider sind dort offiziell nur Angehörige der Charité eingeladen.

Ein guter Ort, um andere Studenten kennenzulernen, sind auch die Bibliotheken. Im neuen gläsernen Bau des britischen Architekten Norman Foster etwa gibt es „richtige Wohlfühl-Leselounges im dritten Stock", schwärmt FU-Literaturwissenschaftlerin Heike Maurer. „Wer dagegen wirklich nur konzentriert lernen will und sonst gar nichts“, sollte lieber in die Bibliothek des Fachbereichs Erziehungswissenschaften gehen. Die Räume dort sind ungewöhnlich leer.

Für Neuankömmlinge, die in Berlin niemanden kennen und schnell Anschluss finden wollen, sind die Wohnheime des Studentenwerks ideal. „Get the Wohnheim-Feeling“, wirbt das Studentenwerk für seine gut 10 000 Zimmer und Appartements. Wer eins haben möchte, bekommt es auch – ohne sich auf Wartelisten eintragen zu müssen. „Das läuft ganz einfach: In Berlin ankommen, anrufen, einziehen“, sagt Studentenwerkssprecher Jürgen Morgenstern. Wem das „Wohnheim-Feeling“ nicht zusagt, dem stehen etliche Internetseiten mit WG-Zimmerangeboten zur Verfügung.

Traditionell ziehen die Berliner Hochschulen eher die experimentierfreudigen und lebenslustigen Studenten an. Und die politisch Interessierten: In den 60ern war Berlin Keimzelle der Studentenbewegung, noch bis 1990 strömten zu FU und TU junge Leute, die vor der Wehrpflicht und der geistigen Enge in Westdeutschland das Weite suchten. Nach der Wende erwarb sich vor allem der Ostteil der Stadt einen Ruf als soziales Versuchslabor – mit billigem Wohnraum und wilder Kulturszene.

Auch im Sommersemester 2006 haben die Berliner Unis eine andere Klientel als Passau oder Mannheim. Für TU-Student Andreas Hempel der vielleicht größte Vorzug der Stadt: „Hier sind viele Verrückte unterwegs. Im positiven Sinn.“

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