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Berlin: Studiengebühr, Einheitsschule: Ab heute wird hart verhandelt

SPD und PDS treffen sich zu Koalitionsverhandlungen im Roten Rathaus. Weit auseinander liegen die Parteien beim Thema öffentliche Beschäftigung

Von Sabine Beikler

Auf Kirsch-Schokoladentorte oder Obstkuchen wie bei ihrer Landesvorstandssitzung am Montag müssen die Sozialisten am Mittwoch verzichten: „Solche Geschenke gibt’s zum Schluss und nicht vorab“, sagt Christian Gaebler, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und Mitglied der Koalitionsverhandlungsrunde. Um elf Uhr werden sich die Delegationen von SPD und Linkspartei/PDS das erste Mal im Roten Rathaus zum Gespräch treffen und sich auf den organisatorischen Ablauf verständigen.

Im November soll der Koalitionsvertrag fertig sein. Gaebler will gemeinsame Ziele festschreiben „und keine prosaischen Artikel verfassen“. Auch PDS-Landeschef Klaus Lederer erwartet eine „konstruktive Atmosphäre“. Doch es gibt in einigen Punkten Dissens, wie zum Beispiel in der Frage, ob Studiengebühren eingeführt werden sollen.

„Da bleiben wir hart“, bekräftigte Lederer die Haltung seiner Partei: Die PDS lehnt Studiengebühren kategorisch ab, nachdem ihr eigener Wissenschaftssenator Thomas Flierl vor zwei Jahren mit der Einführung eines Studienkontenmodells an der PDS-Parteibasis gescheitert war. Die SPD schließt Studiengebühren für ein Zweitstudium nicht aus.

Weiterhin besteht die PDS auf einem Pilotprojekt für die schrittweise Einführung der Gemeinschaftsschule . Die Schüler der daran – freiwillig – teilnehmenden Schulen sollen länger gemeinsam lernen. Gegen ein Pilotprojekt hat die SPD nichts einzuwenden – vorausgesetzt, es gibt „keinen Kulturkampf mit den Gymnasien“, wie der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte. Am Ende der Verhandlungen wird es vermutlich ums Geld gehen: Ein Streitpunkt bei der Gemeinschaftsschule könnte sein, ob nicht mehr benötigte Lehrerstellen umverteilt oder ob sie gestrichen werden, wie es Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) fordert.

Bei den Sondierungsgesprächen weitgehend ausgeklammert wurde der Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors . Öffentliche Gelder für Arbeitslosengeld-II-Empfänger sollen zusammengelegt und als Lohn für langfristige Beschäftigung genutzt werden. Die PDS will so Ein-Euro-Jobs in Dauerarbeitsplätze umwandeln. Das Modell steht aber nicht im Einklang mit den SPD-Vorstellungen zur Arbeitsmarktreform: Ein-Euro-Jobs sollten als Brücke zum ersten Arbeitsmarkt angeboten werden. Einen „dritten Arbeitsmarkt“, wie ihn die PDS will, lehnt die SPD ab.

Geringeren Konfliktstoff birgt der Umgang mit landeseigenen Unternehmen . Die PDS fordert den Stopp der „blinden Privatisierung“ öffentlicher Unternehmen, wie Fraktionschef Stefan Liebich sagte. Auch den „blockweisen Verkauf“ von städtischen Wohnungen will die PDS verhindern. Und SPD und PDS waren sich ja auch bereits vor den Wahlen einig, von weiteren Verkäufen abzusehen. Ein Gesamtkonzept für den Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften fehlt bisher.

Die Sozialisten fordern weiterhin ein Sonderprogramm gegen den Rechtsextremismus , das wohl an der SPD nicht scheitern dürfte. Über die Höhe und Ausgestaltung eines solchen Programms liegen bisher noch keine Konzepte vor.

Als sich SPD und PDS vor fünf Jahren nach den gescheiterten Verhandlungen über eine Ampelkoalition an den Verhandlungstisch setzten, lag die Abgeordnetenhauswahl vom 21. Oktober fast zwei Monate zurück. Zunächst hatte der SPD-Landesverband beschlossen, mit FDP und Grünen über eine Ampelkoalition zu verhandeln. Anfang Dezember platzte das Projekt, weil die FDP eine Erhöhung der Grundsteuer sowie die Einführung einer Getränkesteuer ablehnte. Alle Parteien erklärten die Gespräche für beendet. Die SPD entschied, nun mit der PDS zu verhandeln.

Am 5. Dezember kamen Spitzenvertreter von SPD und PDS zum ersten Gespräch zusammen. Am 7. Januar 2002 stand dann der Ressortzuschnitt fest, das Regierungsbündnis war perfekt. Am 17. Januar 2002 wurde der rot-rote Senat gewählt. Zum letzten Mal übrigens mussten sich damals die Senatoren nach einer Abgeordnetenhauswahl einzeln der Abstimmung im Parlament stellen. Dieses Mal wird nur der Regierende Bürgermeister gewählt. Er ernennt dann die Senatsmitglieder.

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