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Vergebliche Suche. Wochenlang wurde im Garten einer Villa gebuddelt.

© ddp

Suche erfolglos: Prozess um Mord ohne Leiche beginnt

Mehrfach war in Schildow nach dem Opfer gegraben worden, das seit 13 Jahren verschwunden ist. Nun beginnt der Prozess gegen einen 47-Jährigen.

Mit Schaufeln und Baggern rückte die Polizei an. Wochenlang wurde gebuddelt und der Garten einer Villa in Schildow dabei mehrfach durchwühlt. Ein Spürhund kam zum Einsatz und ein Georadargerät. Es wurde die Leiche eines Türstehers gesucht, der angeblich Silvester 1996 erschossen wurde. Bäume, Sträucher, ein Holzpavillon fielen. Doch von dem Mann, der „Ahmed, der Bär“ genannt wurde, gab es keine Spur. Obwohl der Fall rätselhaft bleibt, sitzt seit Montag der mutmaßliche Schütze vor Gericht.

Der Staatsanwalt will nachweisen, dass der 47-jährige Mehmet K. für die angebliche Bluttat verantwortlich ist. Man vermutet, dass Machtkämpfe im Drogenmilieu eskalierten. „Weil der Angeklagte erfahren hatte, dass Ahmet K. von anderen Personen beauftragt worden war, ihn zu töten, fasste er den Beschluss, ihn selbst zu liquidieren“, hieß es in der Anklage wegen Totschlags. Gastwirt K. habe den Türsteher ins Büro der Diskothek „Paparazzi“ in der Nürnberger Straße in Schöneberg bestellt. Dort soll er ihn mit mehreren Schüssen in Auge und Herz getötet haben.

Zwölf Jahre gab es keinen Hinweis auf eine solche Tat. Der 26-jährige Ahmet K. lebte illegal in Deutschland. Niemand hatte ihn als vermisst gemeldet. Bekannt wurde der Fall, als Beamte des Landeskriminalamtes in anderer Sache in der Türsteher-Szene ermittelten. Das war Ende 2008. Ein weiterer Tipp führte zu einem Häftling, der die Leiche „entsorgt“ haben soll. Als der 54-jährige S. hörte, dass seine Rolle in dem angeblichen Krimi verjährt sei, soll er offen geplaudert haben: „Ja, ich habe einen vergraben.“

Der Häftling sprach von dem Anruf eines Mannes, der wohl mit Diskotheken zu tun hatte und den er aus dem Gefängnis kannte. „Ob ich was erledigen könnte“, habe der Kumpel gefragt. Von 10 000 D-Mark Belohnung sei die Rede gewesen. Axel S., auch damals inhaftiert, arbeitete Ende 1996 als Freigänger tagsüber auf einer Baustelle in Schildow. Auf dem Grundstück kurz hinter der Berliner Stadtgrenze hatte man gerade die Grundplatte für eine Villa gegossen. „Er führte uns zu dem Ort und erklärte, dass er die Leiche auf der rechten Seite vergraben habe“, sagte der Polizist als Zeuge.

Axel S. wirkte „absolut glaubhaft“, sagte der Beamte im Prozess. S. berichtete von einem Transporter, den man ihm gab, und von einem „in Teppich und Folie gewickelten Gegenstand“, der in das Auto gehievt wurde. Nur er allein habe die Leiche nach Schildow gebracht. Als er den 140 Kilo schweren und 1,90 Meter großen Mann vergrub, habe er das Gesicht und ein Loch im Kopf gesehen. Gekannt habe er das Opfer nicht. Bei der Polizei aber zeigte er Jahre später, ohne zu zögern, auf das Foto von Ahmet K. Da begann in Schildow das große Buddeln.

„Hatten Sie nie Zweifel?“, fragte die Richterin den Polizisten, der S. vernommen hatte. „Zu keinem Zeitpunkt“, sagte der Beamte. Metertief wurde im Garten der Villa gegraben. An einer Stelle war die Maserung der Erdschicht durchbrochen. Etwas könnte dort gelegen haben. Gefunden aber wurde nichts. Die Beweislage scheint schwierig. Mehmet K., der derzeit eine Strafe wegen Körperverletzung verbüßt, verweigerte gestern die Aussage. Auch Zeuge S. schwieg. Nun setzt der Ankläger auf jenen Mann, der Axel S. als Leichenfahrer angeheuert haben soll. Doch eine Frage steht im Raum: Gab es das Verbrechen überhaupt?

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