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Justizia.

© dpa/David-Wolfgang Ebener

Süchtig nach Glücksspiel: Mitarbeiter des Kanzleramtes fälscht Rechnungen und veruntreut 300.000 Euro – Bewährungsstrafe

Knapp 300.000 Euro veruntreute ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes – fehlende Kontrollen machten es ihm leicht. Wegen Betrugs und Untreue wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Wenn Andreas G. wieder einmal sein Gehalt verzockt hatte, setzte er sich dreist an seinem Arbeitsplatz im Bundeskanzleramt an den Computer. Schnell war eine Rechnung fertig, die auf den ersten Blick völlig nachvollziehbar schien. Tatsächlich aber gingen Beträge, die angeblich für Firmen waren, direkt auf sein privates Konto. Zweieinhalb Jahre fiel der Schwindel nicht auf. Bis G. bereits mehr als 295.000 Euro für sich abgezweigt hatte.

Schuldig des Betrugs und der Untreue in 39 Fällen, urteilte das Amtsgericht Tiergarten am Dienstag. Gegen den 60-Jährigen erging eine Strafe von einem Jahre und zehn Monaten Haft auf Bewährung. Andreas G. habe seine damalige Stellung im Referat Informations- und Kommunikationstechnik ausgenutzt und seine Vorgesetzten getäuscht, so der Richter. Es sei G. allerdings leicht gemacht worden. „Das Kontrollsystem war suboptimal.“ Das Vier-Augen-Prinzip sei damals eher „zwei Augen und zwei Augenklappen“ gewesen.

Andreas G., gelernter Mechaniker für Büromaschinen, war zwanzig Jahre im Bundeskanzleramt tätig. Erst als Techniker, in den letzten sieben Jahren befasste er sich mit Rechnungen für Computer, die beschafft werden mussten, oder andere Leistungen durch Firmen. Seine Stellung erlaubte es, Auszahlungsanordnungen als „sachlich und rechnerisch richtig“ zu zeichnen. Dann musste noch ein Vorgesetzter mit Anordnungsbefugnis unterschreiben.

Ich habe gespielt – Glücksspiele im Internet, an Automaten, in der Gruppe auch gepokert.

Andreas G., Angeklagter

Durch einen Zufall will Andreas G. auf die Idee gekommen sein, seine internationale Bankkontonummer (IBAN) in die Überweisungen zu fälschen. Er habe Bargeld gebraucht – „ich habe gespielt – Glücksspiele im Internet, an Automaten, in der Gruppe auch gepokert“. Das gesamte Geld sei weg – „alles verspielt“.

Fassungslos waren seine Kollegen. „Ich habe ihn als einen gewissenhaften, sorgfältigen und zuverlässigen Mitarbeiter mit Fachkompetenz geschätzt“, sagte ein Oberamtsrat im Zeugenstand. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass G. kriminell sein könnte. Er sei häufiger auch zu ihm gekommen, um Anordnungen abzeichnen zu lassen. „Ich habe es als Stellvertreter des Stellvertreters gemacht“, sagte er. G. habe ihn oft zwischen Tür und Angel darum gebeten – „es musste immer richtig schnell gehen“.

Der Richter warf ein: „Sie haben sich wenigstens noch hingesetzt, bevor Sie unterschrieben haben?“ Dem Zeugen war es spürbar unangenehm. „Ich habe ihm vertraut, ich kenne ihn seit 16 Jahren“, so der Oberamtsrat.

Als die Betrügereien in der Zeit von Dezember 2018 bis Mai 2021 bei einer Revision aufflog, kam es umgehend zur fristlosen Kündigung. Kurz darauf sei er wegen psychischer Probleme „arbeitsunfähig geschrieben“ worden, so G. Er wolle sich um Wiedergutmachung des Schadens bemühen. Etwa 290.000 Euro sollen noch offen sein – das Gericht ordnete die Einziehung des erlangten Betrages an.

Der Staatsanwalt hatte drei Jahre Haft beantragt, der Verteidiger plädierte auf maximal eineinhalb Jahre auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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