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Berlin: Tal der trockenen Tränen

Die Berliner Union geht stoisch durch ein Umfragetief und weiß angeblich, wie sie besser werden kann

Berlins CDU schwächelt, und trotzdem ist keiner nervös. Fraktionschef Nicolas Zimmer nicht, Landeschef Joachim Zeller nicht und auch sonst keiner von denen, die in der Partei etwas zu sagen haben. Nur noch 27 Prozent holte die Partei bei der jüngsten Umfrage, erstmals seit vielen Monaten weniger als die SPD. Trotzdem redet niemand von Krisenstimmung. Jörg Schönbohm, Brandenburger CDU-Chef, Mitglied des CDU-Präsidiums, Exil-Berliner, mag den Berliner Parteifreunden durch die „BZ“ vorhalten, sie schafften es nicht, „richtig Funken zu schlagen“ – in der Hauptstadt-CDU ärgert man sich nicht mal darüber. Zimmer gibt Schönbohm sogar Recht: Die CDU, sagt er, „muss noch besser werden“.

Neu an der Erkenntnis ist, dass die Berliner Christdemokraten wissen, wie sie das Umfragetief überstehen wollen. Erstens trösten sie sich mit Erfahrung: Umfrageergebnisse ändern sich schnell und immer schneller. Vor Monaten schien Angela Merkel als nächste Bundeskanzlerin festzustehen und Klaus Wowereit als Weiter-Regierender. Beide haben gelitten – Merkel nach dem nicht überzeugenden Bundesparteitag und wegen der Rücktritte von Laurenz Meyer und Hermann-Josef Arentz; Wowereit wegen einiger missglückter Auftritte und dem viel diskutierten Zungenkuss.

Beide Umfragedellen wirken auf die Berliner CDU: Die Merkel-Delle habe die Stimmung getrübt, sagt ein Abgeordneter. Denn mit den Umfragewerten im Bund seien auch die Berliner Werte schlechter geworden. Es gebe da einen „Meinungskorridor“, in dem sich Bundes- und Landespolitik vermischen. Um so wichtiger sei es, sich vom schlechten Bundestrend abzusetzen. Die Wowereit-Delle zeigt der CDU, dass der Regierende nicht unschlagbar populär ist.

Noch weiß niemand in der Berliner CDU, wer es – mutmaßlich am Tag der Bundestagswahl – mit Wowereit aufnehmen soll. Aber es ist in der Partei Einigkeit darüber zu spüren, wie man den Kandidaten findet. Und wichtiger noch: wann man ihn findet. Die Diskussion, die Suche, die Gespräche – das alles soll frühestens im Sommer 2005 beginnen. Erst einmal wählt sich die CDU ihr Personal neu zusammen. Derzeit wählen die Ortsverbände ihre Vorsitzenden. Im März und April folgen die Wahlen zu den übergeordneten Kreisverbänden, die zeigen werden, wer in der Partei etwas werden will. Ende Mai stehen Joachim Zeller und sein Landesvorstand zur Wahl. Damit fällt eine Vorentscheidung darüber, ob sich die Berliner CDU den Bürgermeister von Mitte als Herausforderer Wowereits vorstellen kann.

Und erst danach, so stellen es sich Zimmer und andere führende CDU-Politiker vor, sollen wieder Themen und Inhalte transportiert werden. Arbeit, Bildung, Sicherheit – darauf will man sich konzentrieren. „Reduzierung auf das Wesentliche“ sei nötig, sagt Zimmer. Das bürgerliche Berlin solle leichter erkennen, welche Politik die CDU machen würde, wenn sie regierte. Das Gesicht, das die Leute mit dem christdemokratischen Willen zur Macht verbinden sollen, will man im Januar 2006 vorstellen.

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