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Berlin: Tanzen hinter Gittern

Zur Love Parade soll der Tiergarten mit einem Zaun umstellt werden, um illegale Getränkehändler fern zu halten

In allen Jahren ihres Bestehens konnte die Love Parade dann als gelungen und erfolgreich gelten, wenn viele Leute viel Spaß bei gutem Wetter hatten. Doch am 12. Juli wird das anders sein: Der Erfolg der Love Parade 2003 wird sich eindeutig messen lassen: in Euro. Die Massenparty, an der sich in diesem Jahr auch die Messe Berlin beteiligt, darf keine Verluste machen. Sonst, das haben die Veranstalter unmissverständlich klargemacht, wird es die letzte Love Parade gewesen sein. Nicht mehr auf nackte Haut – auf nackte Zahlen kommt es an.

Deshalb wollen die Organisatoren von der Love Parade GmbH jetzt radikal gegen wilde Getränkehändler vorgehen: Der gesamte große Tiergarten soll mit einem Zaun umsperrt werden, wo nicht schon natürliche Grenzen wie die Spree oder die S-Bahn den Zugang verhindern. Die Straßen und Zugänge zum Tiergarten würden offen bleiben; aber Leute mit „Einkaufswagen voller Bierdosen“ müssten draußen bleiben, sagte ein Sprecher der Love Parade. Neben Sponsoren soll nämlich vor allem der Speise- und Getränkeverkauf die Kosten der Parade decken. Doch bei jeder bisherigen Love Parade hatten private Dosenverkäufer den lizensierten Getränkehändlern einen Großteil des Geschäfts abgegraben. In diesem Jahr ist für das Catering eine Tochter des Messe zuständig und soll vor diesem Umsatzverlust geschützt werden.

Das umfriedete Gebiet werde vermutlich vom S-Bahnhof Tiergarten bis Entlastungsstraße oder Brandenburger Tor reichen, und von der Spree zur Tiergartenstraße im Süden, hieß es beim Veranstalter Love Parade GmbH. Der Zaun soll etwa mannshoch und nicht leicht zu überklettern sein. Die Einzelheiten würden gegenwärtig mit dem Bezirksamt Mitte besprochen. Dirk Lamprecht, der Wirtschaftsstadtrat von Mitte, bestätigte dies. Beschlossen sei der Zaun aber noch nicht; unter anderem stehe noch die Stellungnahme der Polizei aus.

Der Geschäftsführer der Love Parade, Fabian Lenz, nannte den beabsichtigten Zaun „undramatisch“. „Für Besucher der Parade, Anwohner oder Leute, die einfach nur in den Tiergarten wollen, wird es keinen Unterschied geben.“ Doch könne aber nicht länger hingenommen werde, dass jemand auf Kosten der Parade seinen Reibach macht. „Uns bleibt gar nichts anderes übrig“, sagte Lenz. Dass die Parade durch solch eine Absperrungsmaßnahme noch mehr ihres früheren anarchischen Charmes einbüße, ist Lenz dabei bewusst. „Natürlich ist das uncool. Aber die Parade ist für uns schon eine andere Veranstaltung, seit sie keine Demonstration mehr ist.“ Seither müssen die Veranstalter alle Kosten selbst tragen. Auch hier könnte der Zaun helfen: Keine wilden Getränkeverkäufer hieße auch weit weniger Müll, da an den zugelassenen Ständen Mehrwegbecher verwendet werden. Weniger Müll hieße auch eine niedrigere Rechnung von der BSR.

Dafür aber müsste der Zaun, wenn er denn kommt, schon einige Tage vor der Parade aufgebaut werden. Damit die privaten Händler nicht einfach am Vortag ein Depot anlegen. Und kontrolliert werden müsste dann auch schon. Die Veranstalter aber glauben, „dass sich das trotzdem rechnet“.

Holger Wild

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