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Berlin: Taxi-Präsident Wolfgang Wruck

Man erreicht den Geschäftssitz der Innung des Berliner Taxigewerbes „über den Hof“, in der Nähe der Urania. Dort residiert der Erste Vorsitzende der meisten Berliner „DroschkenUnternehmer“ in einem geräumigen Büro, beschützt von einer energischen Dame.

Man erreicht den Geschäftssitz der Innung des Berliner Taxigewerbes „über den Hof“, in der Nähe der Urania. Dort residiert der Erste Vorsitzende der meisten Berliner „DroschkenUnternehmer“ in einem geräumigen Büro, beschützt von einer energischen Dame. Dunkle Ledersessel und ein großer dunkler Tisch, an dem der zwölfköpfige Vorstand gelegentlich berät, wie man den Mitgliedern ihr Gewerbe endlich wieder „lukrativer“ gestalten könnte. Erinnerungsteller und goldbestickte bunte Fahnen an der Wand, eine mit Pferdekopf und alter Limousine vom Droschkenverband aus Weißensee von 1899.

Der Werdegang von Wolfgang Wruck, dem einzigen vollamtlichen Vorstand seit nun zehn Jahren, ist eine typisch deutsche Geschichte. Im Krieg in Berlin geboren, der Vater 1945 bei einem Bombenangriff auf ihr Haus getötet. Abgang mit der mittleren Reife, „weil er Geld verdienen wollte“, Lehre im VEB Werk für Fernmeldewesen in Oberschöneweide. Abendabitur an der Volkshochschule, von dort zum Studium der Elektrotechnik und des Maschinenbaus nach Ilmenau und Dresden „delegiert“. Gutes Geld hatte er zwischendurch im Taxi seines Stiefvaters – einem Moskwitsch 412 – verdient. Zurück in Oberschöneweide fand er dann alle interessanten Funktionen besetzt. In die Partei wollte er nicht. Mit 26 wurde er noch zur Volksarmee nach Storkow eingezogen. Danach wollte er nicht mehr „an einen Arbeitsplatz gefesselt“ sein.

Er übernahm das väterliche Taxiunternehmen. Rund 150 private Taxigewerbler waren damals neben den 700 „volkseigenen“ Taxen zugelassen. 1970 hat er seine Frau und ihre winzig kleine Wohnung geheiratet. Mit ihrem kleinen Sohn wurde sie noch enger. Über eine Volkskammerabgeordnete, eine Taxikundin, kamen sie dann an eine schöne Wohnung in Prenzlberg. Dort in der Krügerstraße wohnen sie heute noch. Nach der Fusion der Ost- und West-Berliner Taxiverbände kam der für Wolfgang Wruck überraschende Ruf an ihre Spitze. Das macht dem berlinernden, weißhaarigen, freundlichen und auffallend direkten Mann immer noch Freude, obwohl die Branche Sorgen satt hat. Mit 6500 Taxis und einer ungezügelten Zulassung neuer Konzessionen sei das Angebot viel zu groß. Die meisten der 2600 Unternehmer mit nur einem Taxi führen nahe am oder unter dem Existenzminimum. Von 60 Minuten fahren sie im Durchschnitt nur 20 Minuten, 40 sind „Ruhestand“.

Froh ist der Innungschef, dass nun das helle Elfenbein als Einheitsfarbe vorgeschrieben wird. Von mehr Wettbewerb etwa zwischen blauen, roten und gelben Taxen hält er nichts. Da sei er sich mit dem Berliner Taxiverein, dem vor allem die Mehrwagen-Unternehmen angehören, einig. Auch von einem „Billigflieger-Konzept“ für die Berliner Taxen verspricht er sich keinen Aufschwung. Rabatte verbiete die Tarifordnung und für eine Gemeinschaftswerbung wie in Hamburg fehle das Geld. Typisch Berlin!

Heik Afheldt war Herausgeber des Tagesspiegels

Wolfgang Wruck (63) stammt aus Berlin. Der Diplom-Ingenieur- Ökonom ist

Erster Vorsitzender der Innung des

Berliner Taxigewerbes e.V. und Pferdenarr von Jugend an.

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