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Berlin: Technik, die begeistert

Noch 10 Sekunden, dann geht die 11–Uhr–Ausgabe der Abendschau auf Sendung. Daniel Gäsche rückt in dem engen Studio des SFB nochmal den Kragen zurecht.

Noch 10 Sekunden, dann geht die 11–Uhr–Ausgabe der Abendschau auf Sendung. Daniel Gäsche rückt in dem engen Studio des SFB nochmal den Kragen zurecht. Aus dem darüber liegenden Regieraum schauen ihm etwa 15 Mädchen durch eine riesige Glasscheibe zu. Sie sind heute im Haus des Rundfunks unterwegs. Heute ist Girls’ Day.

„Take your daughter to your work“ – nimm deine Tochter mit zur Arbeit: Das ist die Idee hinter dem Girls’ Day. Seit 1993 praktizieren Eltern in den USA diesen privaten Tag der offenen Tür für Mädchen zwischen 11 und 18 Jahren. In Deutschland ist es das zweite Mal. In den meisten Fällen ist es tatsächlich private Inititative, die den Zugang zu Firmen und Unternehmen ermöglicht. Die Mädchen sind zwar vom Unterricht freigestellt, dennoch beteiligen sich die Schulen nur gering an der Aktion.

Die Möglichkeit zu haben, technische Berufe aus der Nähe zu sehen, das ist Ziel der Aktion, den Mädchen die Angst vor typisch männlichen Berufen zu nehmen, der eigentliche Anlass. Die Mehrzahl der Abiturientinnen entscheidet sich, wenn überhaupt für ein Studium, noch immer für ein geisteswissenschaftliches Fach. Grund genug, Interesse zu wecken, Einblicke zu geben.

Auf den gut zwei Dutzend Monitoren im Regieraum erscheint das Logo, „Vorspann rein“, murmelt der Regisseur, Sendung läuft. Nach der Sendung dürfen die Mädchen den etwa 20 Quadratmeter kleinen Studioraum besichtigen. Drei riesige Scheinwerfer beleuchten das Pult des Sprechers. Für die Kameras nicht sichtbar blinken Tasten: „Das da, das ist die Räuspertaste, damit kann der Sprecher das Mikrophon ausschalten, wenn er husten muss.“ Heiterkeit begleitet die Erklärung - Technik, die begeistert.

„Die meisten Schulen wussten gar nichts von diesem Tag“, bedauert Michaela Peters und wünscht sich mehr Unterstützung. Die Sozialpädagogin begleitet im Rahmen der Aktionen des Mädchen-Arbeitskreises Friedrichshain-Kreuzberg Fatma, Gamze und Duygu zur Polizeiwache an der Heerstraße. Eine Uniform mit Mütze müssen sie tragen, das ist Dienstvorschrift. Schusssichere Westen werden probiert, und ein so genannter Oberkörpervollschutz, den Polizisten unter ihren Jacken tragen als Schutz gegen Schläge. Auch in die Gewahrsräume dürfen sie rein, aber die Zellentür bleibt offen. Dann geht’s zum Auto, der Streifenwagen wartet, um sie zur Zentrale in Ruhleben zu bringen. Hier bekommen die drei türkischen Mädchen Einblick in die Arbeit des Erkennungsdienstes: Fingerabdrücke nehmen und auswerten steht auf dem Programm. 10 und 11 Jahre sind sie alt, aber ihr Berufswunsch ist klar, auch nach diesem Tag: Polizistin wollen sie werden. „Damit es nicht so viele Einbrecher gibt“ und „weil es mir Spaß macht, andere zu beschützen“, sagen die Mädchen. So einfach ist das. Im Gegensatz zu der eigentlichen Idee hat der Mädchen-Arbeitskreis die Frage nach dem Traumjob gestellt. Kinderkrankenschwester und Erzieherin, Tierpflegerin und Bühnbildnerin stehen auf der Liste der 30 Berufe. Ein klares Zeichen, wie wichtig er ist, der Girls’ Day.Sabine Stoye

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