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Teilnehmende forderten Wiederholung des 7. Oktober: Rangeleien und Festnahmen bei verbotener israelfeindlicher Demo am Berliner Alexanderplatz
Nahe dem Alexanderplatz kommen am Abend Hunderte zu einer israelfeindlichen Demonstration zusammen – trotz Verbots. Die Stimmung ist aggressiv. Ein Polizist kommt verletzt ins Krankenhaus.
Stand:
Die Berliner Polizei hat am Dienstagabend eine verbotene israelfeindliche Demonstration in Berlin-Mitte aufgelöst. Nach Angaben der Polizei sammelten sich zuvor mindestens 300 Menschen am Neptunbrunnen nahe dem Alexanderplatz. Unter den Anwesenden waren laut Tagesspiegel-Informationen auch welche, die dem radikalen israelfeindlichen Lager wie etwa dem verbotenen extremistischen Netzwerk „Samidoun“ zuzuordnen sind. Die Stimmung war aggressiv und es kam zu Rangeleien mit der Polizei.
Die Polizei stellte die Personalien von etwa 200 Menschen zur Strafverfolgung fest – zugleich wurden aber am späten Abend auch viele unbekannte Teilnehmer weggeschickt. Bei diesen Demonstranten sei es nur noch um Vorwürfe von Ordnungswidrigkeiten und nicht von Straftaten gegangen, sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Nach vier Stunden habe man sie daher nicht mehr festhalten können, das wäre nicht verhältnismäßig gewesen.
Die Polizei habe gezielt Straftäter aus der Menge geholt und von etwa zwei Dritteln der Teilnehmer die Identitäten aufgenommen. Gegen 23.30 Uhr habe man den Einsatz und das Festhalten des letzten Drittels der Demonstranten wegen der langen Dauer und des schlechten Wetters beendet.
Die Polizei hatte zuvor alle Demonstrierenden mit einem Lautsprecherwagen mehrmals darauf hingewiesen, dass sie sich auf einer „verbotenen Personenansammlung“ aufhielten, und gebeten, den Platz in Richtung Kreuzberg zu verlassen, sagte eine Sprecherin der Berliner Polizei dem Tagesspiegel. Nicht alle Teilnehmenden seien der Aufforderung nachgekommen.

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Mit Schieben und Drücken sollte die Menge aufgelöst werden. Eingesetzt wurden auch „einzelne gezielte Schläge“, wie die Polizei mitteilte. Gegen die Anwesenden werde unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsfreiheitsgesetz ermittelt. Da es zu Widerstand durch einige Demonstrierende kam, mussten Polizeikräfte auch Zwang anwenden, erklärte die Polizeisprecherin. Ein Wasserwerfer der Polizei stand bereit, wurde jedoch nicht eingesetzt.
Ein Beamter wurde nach Polizeiangaben bei dem Einsatz am Alexanderplatz verletzt und kam ins Krankenhaus.
Israelfeindliche und antisemitische Slogans
Teilnehmende hatten auf der verbotenen Demonstration israelfeindliche und antisemitische Slogans skandiert, unter anderem soll laut Tagesspiegel-Informationen auf Arabisch eine „Wiederholung des 7. Oktober“ gefordert worden sein. Zudem sollen Demonstrierende Sprechchöre wie „There is only one solution, Intifada Revolution“, „Kindermörder Israel“, „There is only one State, Palestine 48“, „Fuck You Israel, Germany is a Fashist State“, „Long live the Résistance“ und „From the river to the sea, Palestine will be free“ gerufen haben. Teilweise werden diese Parolen als strafbar eingestuft.
Die Berliner Polizei war in Berlin am Dienstagabend insgesamt mit 1500 Polizeikräften im Einsatz, um das Verbot von antiisraelischen Demonstrationen durchzusetzen. Neben der Berliner Polizei waren auch Beamte aus Sachsen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen im Einsatz.
Am Abend meldete die Polizei auf X, dass in der Nähe einer Ausstellung am ehemaligen Flughafen Tempelhof, die an die Opfer des Hamas-Angriffs auf das Nova-Festival am 7. Oktober erinnert, eine Drohne in der Flugverbotszone eingesetzt wurde. Ein 47-Jähriger wurde vorübergehend festgenommen und die Drohne beschlagnahmt.
Am Nachmittag hatte die Versammlungsbehörde die für 18 Uhr angekündigte Demonstration sowie alle Ersatzversammlungen im Stadtgebiet untersagt. Das hatte der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen erfahren, die Polizei bestätigte das Verbot wenig später. „Unsere Kräfte sind im Einsatz, um das Verbot durchzusetzen“, sagte ein Polizeisprecher.
Wegner: „Berlin ist kein Ort, wo bestialische Morde verherrlicht werden dürfen“
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) begrüßte das Verbot. „Berlin ist kein Ort, an dem Terror, Antisemitismus und bestialische Morde verherrlicht werden dürfen“, sagte er. „Die Polizei Berlin ist gut vorbereitet und hat meine volle Unterstützung, bei Straftaten robust einzuschreiten.“
Zu der Kundgebung auf dem Alexanderplatz war mit Verharmlosung des Hamas-Terrors und Rechtfertigung des Massakers in Israel am 7. Oktober 2023 mobilisiert worden.
Heldenhafter Ausbruch.
– so wird der 7. Oktober im Demoaufruf beschrieben, der Tag, an dem Terroristen der Hamas mehr als tausend Jüdinnen und Juden ermordeten.
In den sozialen Medien war mit dem Spruch „Bis zur vollständigen Befreiung“ geworben worden. Verbreitet wurde der Aufruf von verschiedenen propalästinensischen und angeblich antikolonialen Studierendengruppen Berliner Hochschulen. Die Anmelder der Demo „Stop the Genozide“ sollen damit aber nichts zu tun haben.
Abgebildet sind auf dem Aufruf Männer, die ihr Gesicht mit einem Palästinensertuch vermummen, im Hintergrund ein Paragleiter – ein Symbol für das barbarische Vorgehen der Hamas. Auch mit solchen Fluggeräten war die klerikalfaschistische Terrororganisation am 7. Oktober 2023 für ihr Massaker nach Israel eingedrungen.

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Die Polizei hat wegen des Aufrufs und nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft bereits am Montag Ermittlungen eingeleitet. Es bestehe der Verdacht auf Billigung von Straftaten, sagte ein Sprecher.
Im Demo-Aufruf wird das Massaker der Hamas „als heldenhafter Ausbruch“ und „Leuchtfeuer der revolutionären Hoffnung“ gerechtfertigt. „Wir entschuldigen uns nicht für ihren Widerstand“, heißt es im Ausruf. Der Widerstand sei ihr Versprechen. „Lasst uns am 7. Oktober die Straßen Berlins fluten.“
Die Polizei begründete das Verbot damit, dass bereits ein Aufruf in den sozialen Medien für den Alexanderplatz zur Einleitung eines Strafermittlungsverfahrens geführt habe und eine Vermischung von angemeldeten Gruppen und anderen nicht ausgeschlossen werden könne.
„Aufgrund der Erfahrungen der letzten Tage muss diesbezüglich von einem unfriedlichen Verlauf ausgegangen werden“, erklärte die Polizei. Alternative Versammlungsanzeigen im Kontext pro-palästinensischer Proteste werte die Polizei als Ersatzveranstaltungen, auch diese würden für Dienstag „grundsätzlich verboten“.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) nannte das Verbot absolut richtig. „Auf Berlins Straßen darf kein Platz für Hass und Hetze, Extremismus und Gewalt sein“, sagte GdP-Landessprecher Benjamin Jendro. „Der abscheuliche Aufruf zur Kundgebung hat die Richtung klargemacht und deutlich bewiesen, dass sich die Veranstalter gegen all unsere demokratischen Grundsätze stellen.“
Zehn Personen in Polizeigewahrsam
Bereits zuvor ging die Polizei am Dienstag gegen Hamas-Sympathisanten vor. Nachdem eine größere Personengruppe am Dienstagmorgen bei einer Blockade der Kreuzung Warschauer Straße Ecke Mühlenstraße die Opfer des Hamas-Angriffs verhöhnt hatte, untersagte die Polizei 17 Personen eine Teilnahme an allen Versammlung im Land Berlin am Dienstag. Dabei ging es auch um die Parole „Glory to the fighters“.
Zehn dieser Personen kamen in Polizeigewahrsam. „Sie werden einem Richter vorgeführt“, sagte Polizeisprecher Florian Nath dem Tagesspiegel. Die Polizei beantragte Gewahrsam für den restlichen Tag.
Das Teilnahmeverbot an allen Versammlungen am 7. Oktober galt für sie bis Mitternacht. Begründet wurde es mit einer unmittelbaren Gefahr, die von den Personen ausgeht. Nach einer Prognose der Polizei sei damit zu rechnen gewesen, dass sie weitere Straftaten begehen würden, sagte Nath. Die Personen waren bereits vor der Aktion am Dienstag polizeibekannt.
Insgesamt hatten 37 Personen die Kreuzung Warschauer Straße Ecke Mühlenstraße blockiert. Mehrere Personen skandierten die Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“, die strafbar sein kann. Sie sollen auch Banner hochgehalten und Pyrotechnik gezündet haben. Auf einem etwa 15 Meter langen Banner war laut Polizei zu lesen: „Glory to the fighters“. Wegen des Plakats werde gegen den unbekannten Besitzer ermittelt, sagte Nath. Es bestehe der Verdacht der Billigung von Straftaten. (mit dpa)
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