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Berlin: Teurer Liebesbeweis

Im Wahn stieg er in die Wohnung von Pop-Sternchen Jeanette Biedermann. Dafür muss ein aufdringlicher Verehrer jetzt 3600 Euro Geldstrafe zahlen.

Eine dicke Sonnenbrille auf der Nase, flotter Schritt, wehender Mantel, eine Zeitung vor dem verkniffenen Gesicht: Eckehardt O. fühlte sich offenbar wie ein Star, als er gestern den Saal 571 im Amtsgericht Tiergarten ansteuerte. Doch er ist kein Star. Er ist ein schlimmer Verehrer, ein Stalker. Und der 39-Jährige ging im Liebeswahn entschieden zu weit.

Im Dezember letzten Jahres war er in die Wohnung der Sängerin Jeanette Biedermann eingestiegen. Da sie nicht zu Hause war, machte er es sich bei ihr gemütlich. Inzwischen aber scheint ihm die Sache unangenehm zu sein. „Ich höre ganz andere Musik“, meinte O. nach dem Urteil. „Frau Biedermann – wer ist das? Die Frau ist für mich gestorben.“

Vor dem Richter allerdings gab er sich zugeknöpft. Sein Anwalt zog eine Erklärung aus den Akten. „Ich habe die Frau auf dem Ku’damm das erste Mal gesehen“, hieß es darin. Eckehardt O. will einen „faszinierenden Blick“ aufgefangen haben. Das war im Frühjahr 2001. Ein Jahr später, bei einem Konzert in Halle, kam er dem Popstar näher. „Ich nannte meinen Namen.“ War sie im Fernsehen, will er Liebesbotschaften von ihr empfangen haben. 13 Monate lang schrieb er ihr E-Mails – ohne Antwort. O. bastelte sich eine Erklärung: „Sie traut sich nicht.“

Im Dezember letzten Jahres packte der Mann aus Halle Champagner in seinen Aktenkoffer, kaufte rote Rosen. Alles für Jeanette, die attraktive Blondine. Er klingelte lange und vergeblich. „Ich machte mir Sorgen, dass sie sich etwas angetan haben könnte“, heißt es in seiner Erklärung. „Weil eine unerfüllte Liebe einen sehr belasten kann.“ Also stieg er in die Wohnung. Er trank Champagner, aß Cashew-Kerne und Mandeln und legte sich in Biedermanns Bett. Erst am Nachmittag des nächsten Tages ging er wieder.

Eckehardt O. ist einst als Autohändler gescheitert, dann als Politiker der Ostpartei in Sachsen-Anhalt. Jetzt arbeitet er als Marketingleiter. Ein Psychiater befand, dass ihn eine „wahnhafte Überzeugung“ in die Wohnung des Popstars führte. Der Richter sprach ihn des Hausfriedensbruchs und des Diebstahls schuldig. Dafür soll O., der die Frau nie wieder belästigen will, eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Euro zahlen. Nach dem Urteil zog er vom Leder: „Bedauern? Was gibt es da zu bedauern!“ Biedermann, die dem Prozess fernblieb, habe 13 Monate seine Post erhalten. „Sie hat nie gesagt, dass ich das lassen soll.“

Kerstin Gehrke

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