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THEKEN Tanz: Posh

Eigentlich hatte der drinking man den Potsdamer Platz „durch“. Nur in Australien war er noch nicht.

Von Frank Jansen

Eigentlich hatte der drinking man den Potsdamer Platz „durch“. Nur in Australien war er noch nicht. Jedenfalls noch nicht richtig. Im Posh, einer australian bar, wurde mal ein Bier der Marke Foster’s geleert und die Inneneinrichtung Marke Crocodile Dundee betrachtet, dabei blieb es dann. Doch jetzt, nach einem mäßigen Filmabend im nahen Cinemaxx, war die Lust auf einen Cocktail und die Unlust zum Besuch der bekannten Lokale in der Umgebung hinreichend groß, dass der Gang zum Land der Kängurulederhüte zwingend erschien. Zumal die Cocktailkarte überraschend umfangreich ist. Kaum weniger erstaunt der Name: Posh bedeutet so viel wie piekfein, das ist Australien nicht überall und hier ebenfalls nicht.

Unter der Decke hängen Foster’s Wimpelketten und eine große, aufgeblasene Plastikflasche „Desperados“. Was das französische, pseudomexikanische Tequilabier mit Australien zu tun hat, blieb unerschlossen. Der Tresen ist roh mit Blechen vernagelt. Die Barhocker sind deutsch, rund, roh und stehen auch um Ölfasser herum, auf denen runde Tischplatten prangen. Unvermeidlich sind die Straßenschilder, die vor kreuzenden kangaroos, koalas und wombats warnen. Wombats sind auch Beuteltiere und noch hässlicher als Koalas.

Die handfest berlinsche Kellnerin servierte dem drinking man und einem jungen aficionado zunächst einen Gin Tai und einen Mojito. Der Gin Tai war erfrischend und gut gemacht, schwamm allerdings in einem Rumglas. Der Mojito war nicht kalt genug. Dann kamen ein Hurricane, schön stark und lecker, und ein – Erich Honecker. Der drinking man hatte den Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik und Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands einbestellt, um dieses absolut unaustralische Wesen zu untersuchen. Es bestand aus Weinbrand Jacobi 1880, Apricot Brandy, Orangensaft, Zitronensaft und Mandelsirup. Und ließ sich passabel konsumieren. Aber was prädestiniert einen drögen Diktator wie Honecker zur späten Karriere als Cocktail? War er vielleicht vernarrt in Wombats? Honecker blickte ja ähnlich verkniffen wie die Beuteltiere.

Die Kellnerin konnte keine Frage beantworten und stellte den Cocktail lapidar ab: „der Erich“. Anschließend hob sie die ersten Barhocker auf die Tische, obwohl es erst kurz nach Mitternacht war. Das passte nun zu Honecker. Früh schlafen und dann raus in den Sozialismus. Aber ist Australien nicht ganz anders? Jene Australier jedenfalls, die der drinking man so kennengelernt hat, bechern lang und heftig. Vielleicht jedoch ist das Posh ja gar keine australian bar. Sondern der letzte Kessel Buntes. Frank Jansen

Posh, Voxstr. 4 (Potsdamer Platz), Tiergarten, Tel.: 25 29 90 00, täglich ab 17 Uhr

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