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Präparat trifft Präparatoren. Jürgen Fiebig (links) und Robert Stein in ihrer Werkstatt im Museum.

© Kai-Uwe Heinrich

Europameisterschaft der Präparatoren: Tierpräparatoren des Naturkundemuseums wurden ausgezeichnet

Menschen mit toten Objekten für Tiere begeistern - das haben zwei Berliner Tierpräparatoren sich zur Aufgabe gemacht. Nun wurden sie bei der Europameisterschaft ausgezeichnet.

Etwas ratlos stehen Jürgen Fiebig und Robert Stein vor dem riesigen Jaguar. Bevor das Naturkundemuseum öffnet, wollten die Präparatoren noch schnell ihr Siegerexponat zurück in die Ausstellung bringen. „Aber jetzt ist unser Kollege gerade in einem Gespräch und zu zweit schaffen wir das nicht", sagt Fiebig.

Neben dem Amazonas-Jaguar sieht Fiebig tatsächlich winzig aus. Die Präparatoren haben eine spektakuläre 3,20 Meter große Szene gebaut. Im Sprung und nur noch mit der Hinterpfote auf dem Boden stehend greift der Jaguar mit seiner Pranke nach zwei wegfliegenden Ara-Papageien. Ob die bunten Vögel entkommen – darüber kann der Betrachter nur spekulieren.

Bei der Europameisterschaft der Präparatoren, die am vergangenen Wochenende in Salzburg stattfand, haben Jürgen Fiebig und Robert Stein vom Berliner Naturkundemuseum mit dieser Jagdszene den „Best of Show Award“ gewonnen. Stolz erklärt Robert Stein, warum sie für den Jaguar, den sie zusammen mit zwei Kollegen aus Stuttgart moduliert haben, 95 von hundert möglichen Punkten bekommen haben. „Entscheidend ist vor allem, dass das Fell richtig fällt“, sagt er.

Die Tierkadaver erhalten sie in der Regel von den Berliner Zoos

Bevor die Präparatoren ein Tier modulieren, gucken Sie sich deshalb viele Fotos an und gehen immer wieder in den Zoo, um die Tiere zu studieren. „Trotzdem müssen wir am Ende oft intuitiv vorgehen“, sagt Robert Stein. „Ob am Hals vier oder fünf Falten sind, wenn ein Jaguar springt, kann niemand mit Sicherheit sagen.“

Die Tierkadaver, die Fiebig und Stein präparieren, erhalten sie in der Regel von den Berliner Zoos. Schnell muss es dabei gehen. Die Tiere sollten nicht länger als einen Tag tot sein. Ansonsten ist die Verwesung schon zu weit fortgeschritten. „Wir haben da aber inzwischen eine ganz enge und vertrauensvolle Kooperation“, erklärt Jürgen Fiebig. Direkt nach der Obduktion bekommen die Präparatoren die Tiere, ziehen ihnen das Fell vom Leib und schicken die Häute zum Gerben oder frieren sie ein. Die eigentliche Präparation erfolgt oft erst Jahre später.

Tote Objekte benutzen, um die Menschen von Tieren zu begeistern

Dafür müssen die gehäuteten Tiere vermessen werden, damit die Präparatoren einen passenden Schaumstoffkörper bauen können. „Wir arbeiten dabei ein bisschen wie ein Schneider – nur umgekehrt“, sagt Jürgen Fiebig. „Wir schaffen keine Hülle für einen Körper, sondern einen Körper für eine Hülle.“ Die Forscher können zwar inzwischen Standardkörper vieler Tierarten von der Industrie kaufen, müssen die aber anschließend individuell anpassen. Entscheidend ist hier neben dem Körperumfang des einzelnen Exemplars auch die Pose, in der das Tier gezeigt wird. Der Jaguar ist eines der Highlights der aktuellen Sonderausstellung des Naturkundemuseums zu Ara-Papageien. Für Fiebig und Stein, die seit Jahren vor allem Vögel präparieren, ein Herzensprojekt. Denn in der Ausstellung werden Exemplare von allen noch lebenden Arten dieser gefährdeten Gattung gezeigt.

Tote Objekte benutzen, um die Menschen von Tieren zu begeistern – das beschreibt Fiebig als seine Aufgabe. Der 65-Jährige ist sicher, dass Naturkundemuseen damit auch im digitalen Zeitalter eine Zukunft haben werden. „Bei uns können die Besucher den Tieren wirklich nah kommen und sie ausführlich betrachten. Als dreidimensionale Objekte von Angesicht zu Angesicht. Das kann der größte Bildschirm nicht leisten.“

Caspar Schwietering

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