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Berlin: Totschlags-Prozess gegen Dynamo-Star Der frühere Torwart Werner Lihsa soll seine Frau

erwürgt haben. Er sagt, er könne sich nicht erinnern

Ein Bild des Jammers. Immer wieder hielt sich der 61jährige Werner Lihsa die Hände vors Gesicht. Mit den Händen hat er einst „wahre Glanztaten“ im Tor vollbracht. Mit den Händen aber hat er nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft auch getötet. Der frühere Torwart des Fußballklubs BFC Dynamo, einer der bekanntesten Spieler in der DDR der 70er Jahre, soll seine 54-jährige Frau Gudrun erwürgt haben – nach knapp zehnjähriger Ehe. Seit gestern muss er sich wegen Totschlags vor dem Berliner Landgericht verantworten.

Tränen liefen Lihsa übers Gesicht. „Wo soll ich anfangen?“, fragte er. Es sei zu gegenseitigen Handgreiflichkeiten gekommen, sagte er schließlich. Aber was am Abend des 27. April dieses Jahres in der gemeinsamen Wohnung in Lichtenberg genau passierte – „ich weiß es nicht“, erklärte der Witwer. Er könne sich noch an einen Hieb erinnern, den er abbekommen habe, meinte Lihsa. Nicht jedoch an die leere Sektflasche, die er seiner Frau über den Kopf geschlagen haben soll, nicht an das Würgen.

Bruchstückhaft gab Lihsa einen Einblick in die Ehe, die für ihn die zweite und für seine Frau Gudrun die dritte war. Die Beziehung stand von Anfang an unter keinem besonders leuchtenden Stern. Er lernte die attraktive Frau an einem Wurst-Stand im Hauptbahnhof Halle kennen. Da war er gerade auf dem Weg zur Beerdigung seines besten Freundes. Das war im Sommer 1993 – ein Jahr nach dem Tod seiner ersten Frau, der ihn „völlig hilflos“ gemacht habe, sagte Lihsa.

1995 heiratete er die aus Hessen stammende Gudrun. „Sie hat mich auf Vordermann gebracht“, sagte der Angeklagte.

Doch immer wieder gab es Streit. Um den Alkoholkonsum des früheren Fußballers, um die Kinder aus den früheren Ehen der beiden, ums Geld. Als resolut, spontan und egoistisch beschrieb der Angeklagte seine Frau. Einmal sei sie „Knall auf Fall“ ausgezogen. „Sie nahm fast alles mit, ich hatte nicht einmal mehr ein Glas“, stöhnte Lihsa. Mindestens zweimal trennte sie sich von ihm. Aber „es hat sich dann doch irgendwie wieder etwas entwickelt“, sagte Lihsa.

Harmonisch aber wurde es nicht. Seine Frau habe ihn nicht zur Hochzeit seines Sohnes begleitet, nicht zu seiner Geburtstagsfeier mit Freunden, nicht zum 50. Jubiläum von Dynamo, zählte der grauhaarige Mann auf. Die Eltern seiner Frau aber sahen das Elend der Beziehung auf der Seite ihrer Tochter. „Der Mann hat alles versoffen“, schimpften sie am Rande des Prozesses. „Unsere Tochter wollte sich von ihm trennen. Das hat er nicht verwunden.“ Und sie warfen ihm vor, dass er sich auf seinen Erfolgen als Fußballer ausgeruht habe.

Werner Lihsa spielte von 1967 bis 1975 beim BFC Dynamo. 1972 gehörte er für ein Spiel der DDR-Nationalmannschaft an. Dabei ließ er „seine Klasse mehrfach aufblitzen“, heißt es anerkennend in einer Vereinschronik. Zuletzt arbeitete Lihsa als Platzwart im Sportforum Hohenschönhausen. Viele seiner Bekannten saßen nun mit im Gerichtssaal. Still und traurig. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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