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Tourismus: Kampf um deutsche Fahrgäste

Taxifahrer in der polnischen Grenzstadt Slubice empören sich über die Konkurrenz durch die neuen Fahrrad-Rikschas. Sie bangen um ihre Existenz.

Frankfurt (Oder) - Klingelnd fährt Jaroslaw Guzik mit seiner Fahrrad-Rikscha durch die Frankfurter Nachbarstadt Slubice. Vorne auf den beiden Sitzen des knallroten Gefährts haben es sich zwei deutsche Frauen bequem gemacht. Etwa zehn Fahrgäste kutschiere er pro Tag mit Muskelkraft durch die polnische Grenzstadt, berichtet der 21-jährige Pädagogik-Student aus Landsberg (Gorzow). Er spreche etwas Deutsch und könne so den Fahrgästen einiges über die Stadt erzählen oder auf Fragen antworten. Die Arbeit sei leicht, zumal es in Slubice kaum nennenswerte Anstiege gebe, sagt er.

Insgesamt acht nagelneue Rikschas fahren seit kurzem durch die 18.000 Einwohner zählende Stadt. Die 28-jährige polnische Unternehmerin Anna Roslaniec aus der benachbarten Grenzstadt Küstrin (Kostrzyn) hatte gemeinsam mit ihrem Mann eine Marktlücke erspäht und im Mai den Geschäftsbetrieb in Slubice eröffnet. Sie beschäftigt seither vorrangig Studenten, die mit dem Tritt in die Pedale ihr Studium finanzieren. Die Fahrgäste seien meist Deutsche, sagt sie. Einige wollen durch Slubice kutschiert werden, um die Stadt kennen zu lernen. «Die meisten Leute fahren aber zum Basar», berichtet Roslaniec.

Boykott gegen Busse

Das wiederum erweckt den Unwillen der knapp 150 Slubicer Taxifahrer, von denen viele direkt am polnischen Ende der Grenzbrücke auf deutsche Einkaufstouristen warten. Die Taxi-Chauffeure hatten schon zur Adventszeit 2001 eine grenzüberschreitende Busverbindung verhindert und im vergangenen Jahr mit ihren Protesten für ein vorübergehendes Fahrverbot der zum Basar fahrenden, von polnischen Privatleuten betriebenen Kleinbusse gesorgt. In den Rikschas sehen sie nun eine zusätzliche Bedrohung ihrer spärlichen Einkommensmöglichkeiten. «Die stellen sich ab und an direkt vor unsere Warteschlange», schimpft ein Taxi-Fahrer, der schon seit zwei Stunden auf Kundschaft wartet. Zudem würden die Fahrrad-Rikschas durch ihre langsame Fahrt die engen Straßen der Stadt blockieren. «Natürlich sind die Rikschas eine Konkurrenz», sagt er und empört sich darüber, dass auf den roten Gefährten der Schriftzug «Riki-Taxi» steht. Nach einem Bericht der Tageszeitung «Gazeta Lubuska» sollen erboste Taxifahrer schon mal die Ausfahrt der Rikschas blockieren. Der Kommandant der Slubicer Stadtwache, Wieslaw Zackiewicz, stellte klar, dass die Rikschas allein auf städtischen Parkplätzen stehen dürfen.

«Natürlich sind wir keine Konkurrenz», entgegnet Anna Roslaniec. Sie verweist darauf, dass die Fahrgäste in den Rikschas viel langsamer zum Ziel kämen und die Fahrtstrecken oft länger seien. Tatsächlich bietet sie neben kurzen Strecken, die nach ihren Angaben 1,60 Euro pro Person kosten, auch stundenweise und Tages-Touren an, für die 6 bis 19 Euro pro Gefährt zu zahlen sind. Die Taxifahrer hätten schon genug Probleme mit den Bussen, die für 60 Cent pro Person zum Basar fahren, während eine Taxi-Tour drei Euro pro Fahrzeug kostet. Da wollten sie nicht noch zusätzlichen Ärger mit den Rikschas haben, vermutet Roslaniec.

Versteckspiel der Rikschas

So würden die Taxifahrer immer wieder per Handy die Polizei rufen, wenn eine Rikscha nach ihrer Ansicht zu nah an den Taxi-Stellplätzen steht. Und die Chauffeure machten Fotos, anscheinend um Beweismittel zu sichern. Das führt zu einer Art Versteckspiel. So kommt es, dass die Fahrrad-Rikschas, von denen immer zwei bis drei im Einsatz seien, mitunter gar nicht zu finden sind. Mal stehen sie am Kreisverkehr vor der Slubicer Fußgängerzone, mal an den beiden Grenzmärkten, mal an einem Seiteneingang des Collegium Polonicum.

Bisher macht die Geschäftsfrau nach eigenen Angaben keinen Gewinn. Das Geschäft müsse erst anlaufen, sagt Roslaniec. «Ich bin aber überzeugt, dass die Rikschas in Slubice angenommen werden», macht sie sich Mut und arbeitet schon am nächsten Schritt: In absehbarer Zeit sollen die Rikschas auch über die Grenzbrücke fahren dürfen. Dazu sei sie in Gesprächen mit der deutschen Seite. Sie brauche die Genehmigung der Stadt Frankfurt, eine technische Durchsicht der Rikschas und Versicherungen. Trotz dieser bürokratischen Hürden hofft Roslaniec, dass vielleicht noch in diesem Sommer die ersten Rikschas über die Grenze fahren werden. (tso/ddp)

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