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Haarige Sache. Angeblich kommen Touristen nur wegen der Frisur nach Berlin.

© Doris Spiekermann-Klaas

Touristen in Berlin: Einfliegen zum Haareschneiden

Waschen und legen war gestern - heute heißt es waschen und fliegen. So mancher Tourist reist nach Berlin, um sich die Haare schneiden zu lassen. Ein Gespräch mit Friseur Dermot O`Dyna über seine jettende Kundschaft.

Es gibt Leute, die steigen in ein Flugzeug, um sich die Haare schneiden zu lassen: Stimmt das, Herr O’Dyna?

Seit 15 Jahren betreibe ich meinen Laden in der Torstraße in Mitte und eröffne bald einen neuen. Denn viele meiner Kunden kommen nicht wirklich aus Berlin, es sind Touristen aus Schweden und der Schweiz. In Stockholm, Zürich, aber auch in London kann man sich einen Haarschnitt ja nicht mehr leisten.

Friseurtourismus?

Ja, die kommen für einen Haarschnitt nach Berlin. In London muss man für Schneiden und Strähnchen schon mal 200 Euro bezahlen. In der Schweiz ist eine gescheite Frisur noch teurer, das kann sich kaum einer regelmäßig gönnen. Da lohnt es sich, ins Flugzeug zu setzen und übers Wochenende nach Berlin zu kommen.

Und das rentiert sich?

Wir bieten eine Komplettfrisur inklusive Färben für 80 Euro an, bleiben noch 120 Euro übrig, da kann man kalkulieren. Das haut hin, außerdem hat man auch noch ein schönes Wochenende in Berlin. Es gibt auch die Cut-and-Go-Touristen, die warten, bis sie wieder mal sowieso in Berlin sind, gehen in einen Laden und bezahlen 13 Euro für eine Frisur. Das sind Kampfpreise, die gibt es so nur in der deutschen Hauptstadt. Da kann man auch mal nachdenken, ob man eine gesündere Preispolitik einführen sollte. Friseure verdienen ja nicht so viel in Deutschland.

Dermot O`Dyna von Berlin Hair Care.
Dermot O`Dyna von Berlin Hair Care.

© promo

Wie sehr ist Ihr Geschäft von den Friseur-Touris abhängig?

Ich würde sagen, mittlerweile kommt die Hälfte meiner Kundschaft nicht mehr aus Berlin. Das ist viel. Vor zehn Jahren hatte ich im Juli und August ein deutliches Sommerloch in der Kasse, weil die Stadt wie leergefegt war. Heute gibt es ein Winterloch im Januar und Februar, weil das die schwächsten Tourismus-Monate sind.

Was sind das für Menschen, die nach Berlin für einen Haarschnitt jetten?

Schweden. Daher kommen die meisten, die sind irgendwann aufgetaucht. Einige haben auch gleich eine Wohnung in Berlin gekauft. In Stockholm kostet eine Wohnung drei Millionen Euro, hier kriegen Sie schon für 500000 etwas Schönes. Die meisten arbeiten in der Werbebranche. Viele Designer sind auch dabei.

Die legen doch viel Wert auf Style und schauen dabei nicht immer aufs Geld.

Klar, es geht auch um den Berlin-Style. Die wollen anders aussehen. Dass das noch viel günstiger ist als zu Hause, ist dann auch nicht verkehrt. Wenn der Flug günstiger ist als die Frisur: Auch gut.

Ihre Frisuren haben aber eine sehr schlechte Ökobilanz.

Ich finde das ja auch nicht okay, ohne nachzudenken einfach ins Flugzeug zu steigen. Der Massenkurztourismus ist insgesamt ein Problem und ist so nicht in Ordnung. Gleichzeitig bringen diese Leute aber wichtiges Geld in die Stadt. Sie gehen ins Restaurant, kaufen sich Kleidung und lassen sich die Haare schneiden. Den Berliner Friseuren kann man für den erhöhten CO2-Ausstoß und den Klimawandel aber nicht alleine die Schuld geben.

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