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Sozialprojekt: Treberhilfe: Kratzer im Lack

Der Treberhilfe geht es unter Harald Ehlert sehr gut. Ehler nennt sich selbst einen "Sozialkapitalisten". Andere nennen ihn "Big Boss". Kritiker sagen, er schade anderen freien Trägern.

Harald Ehlert scheint frei von Schuldgefühlen. Seinen teuren Dienstwagen sieht der Geschäftsführer der Treberhilfe Berlin als notwendiges Übel, um in der Wirtschaftswelt als Investor ernst genommen zu werden. „Sie werden nicht respektiert, wenn Sie genauso bedürftig sind wie Ihre eigenen Klienten“, verteidigt er sich am Donnerstagabend auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz gegen alle Vorwürfe. Man arbeite unkonventionell, aber absolut seriös. Der Wagen sei „ein leicht provokatives Symbol“, um den „Willen zur Gleichberechtigung im Wirtschaftsleben“ durchzusetzen.

Wenn man Harald Ehlert so sieht mit seinem Hut, dann könnte dieser Typ eher in einem Krimi mitspielen, als dass er einem Sozialarbeiter entspricht. Bisher erregte er in seiner ureigensten Tätigkeit Aufsehen: als Manager eines erfolgreichen Unternehmens im Sozialwesen der Stadt. Nun aber erregt Ehlert die Gemüter, weil er als Dienstwagen einen – gebrauchten – Maserati fährt. Für den er künftig, so will es ein Gericht, ein Fahrtenbuch führen muss.

Vergangenen Sommer wurde das Auto auf einer Landstraße in Mecklenburg-Vorpommern mit 26 Stundenkilometern mehr als erlaubt geblitzt, der Fahrer aber nicht ermittelt. Weder zu der Frage, wo er an besagtem 5. Juni gewesen ist, noch zur Frage, warum er sich weigert, ein Fahrtenbuch zu führen, will Ehlert sich äußern: „Dazu gebe ich überhaupt keinen Kommentar ab.“ Das ganze sei „eine Petitesse“, privat nutze er den Wagen nicht.

Die Treberhilfe fing vor 20 Jahren an als das, was ihr Name beschreibt: Streetworker kümmerten sich um Obdachlose, Stricher, Straßenkinder. Damals gab es einen kleinen Laden in der Mansteinstraße in Schöneberg. Heute steht der „Big Boss“ einem mittelständischen Unternehmen vor, sieben Millionen Euro hat er in den vergangenen drei Jahren investiert. Wie viel Geld die Treberhilfe aus den öffentlichen Kassen bekommt, ist nicht klar. Jeder einzelne Bezirk bezahlt oder bezuschusst bestimmte Leistungen, heißt es. Beim Senat werde keine Liste darüber geführt, was für welches Projekt auf Bezirksebene ausgegeben wird. Auch als Chef einer gemeinnützigen Firma dürfe Ehlert so viel Geld erwirtschaften, wie er wolle, sagen Juristen. Nur der steuerliche Vorteil sei ab 35 000 Euro im Jahr weg, wer mehr Gewinn einstreicht, muss wie bei einer „normalen Firma“ Steuern zahlen. Mehr als 200 Mitarbeiter kümmern sich heute um die Klienten in Wohnprojekten, in der Einzelfallhilfe, in den Krisendiensten etwa in der „Villa Chance“ und der „Villa Lichtblick“. Und dann wären da noch die Bereiche Betriebswirtschaft, Haus- und Informationstechnik.

Kritiker sagen, die Treberhilfe gewinne die Ausschreibungen um Jobcenter-, Senats- und Bezirksgelder mit Dumpingpreisen. So mache Ehlert die Projektelandschaft der freien Träger kaputt. Seinen Mitarbeitern zeigte er sich aber zuletzt auch bei Weihnachtsfeiern gegenüber großzügig, er lud auch schon in die Hackeschen Höfe. Regelmäßig gibt es Fortbildungen im firmeneigenen Tagungszentrum in Caputh, wo Ehlert seinen Zweitwohnsitz hat. Einige Dienstwagen sind BMWs, inklusive Laptops. Sein Vorbild ist Heinz Nixdorf, der in Wedding einst Computer zusammenbauen ließ. Ehlert hat die Treberhilfe auch durch wirtschaftlich harte Zeiten gekämpft. Kollegen sagen, der ist wie ein Hai, der beißt sich fest.

Warum dürfe er, wenn er mit Marmelade handeln würde, in den Augen der Leute Gewinne machen, nicht aber als Sozialunternehmer? Die Betrachtung finde er bigott. Und er liebt es auch ein bisschen zu provozieren. den/loy/kög/hah

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