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Berlin: Treffpunkt Tagebau

Kohle, Gitarre und Synthesizer: Tausende Berliner fahren heute zum Melt-Musikfestival nach Ferropolis. Dort treten auch „Wir sind Helden“ auf

Die letzten Bühnen werden gerade aufgebaut, die Kulissen stehen schon seit Ewigkeiten: Vor fünf gewaltigen Schaufelradbaggern in „Ferropolis“, der „Stadt aus Eisen“, steigt heute das achte Melt-Festival. Etwa 10000 Musikfans werden sich am frühen Abend in dem ehemaligen Braunkohle-Abbaugebiet nahe Dessau einfinden, um sich bis Sonntag zahlreiche Berliner Bands wie Wir sind Helden oder Jens Friebe, aber auch internationale Größen wie Bright Eyes anzusehen. Etwa die Hälfte der Festival-Besucher reise aus Berlin an, schätzt Mitveranstalter Stefan Lehmkuhl: „Das könnte ein ziemliches Heimspiel für Wir sind Helden werden.“

Das Konzept des Melt-Festivals ist schnell erklärt: „To melt down“ bedeutet „verschmelzen“, und genau das soll dieses Wochenende in Ferropolis geschehen. Zwei scheinbar grundverschiedene Stilrichtungen, nämlich Gitarrenrock und Elektro, sollen sich finden, berühren und vermischen. Dazu konnten die Veranstalter wieder einige Bands verpflichten, die bereits dafür bekannt sind, dass sie gerne experimentieren und keinen musikalischen Grenzgang scheuen: The Notwist aus Oberbayern tüfteln seit Jahren sowohl mit Gitarren als auch mit Synthesizern, Tocotronic lassen ihre Songs gerne von Discjockeys remixen, und die Briten von Bloc Party mischen sowieso alles, was musikalisch zwischen New Wave und heute stattgefunden hat.

Trotzdem verkörpert keine Band den Gedanken des Melt-Festivals so perfekt wie Bright Eyes: Anfang des Jahres haben die Amerikaner zwei von Kritikern wie Fans bejubelte Alben herausgebracht – ein Songwriter-Album und ein elektronisches. Auf der Bühne des Melt-Festivals wird der 25-jährige Sänger Connor Oberst beide Richtungen vereinen, unterstützt von seinen alten Freunden von The Faint.

Mitveranstalter Stefan Lehmkuhl ist sich sicher, dass das Konzept des Festivals aufgeht. Man habe sich ja schließlich viele Gedanken gemacht und vorsichtig abgewogen: „Wir hetzen hier nicht Motörhead und Westbam aufeinder, bei uns gibt es nur sinnvolles Mischen.“ Verschmelzen ja – aber bitte mit Stil.

Und was machen die Fans? Gibt es keinen Ärger, wenn Trillerpfeife auf Cordhose trifft, Gelfrisur auf Koteletten? „Nee“, sagt Stefan Lehmkuhl, er erwarte „nur undogmatische und offengeistige Musikliebhaber“, die sich über ungewohnte Klänge freuen würden.

Auch die Berliner Wir sind Helden haben keine Angst, dass sie bei den Elektro-Fans schlecht ankommen könnten. Schlagzeuger Pola Roy verweist auf den diesjährigen Band-Auftritt bei Rock am Ring: Da hätten sie vor zehntausenden Metal-Fans gespielt, die „alle nur Limp Biskit“ hören wollten. Wer so etwas überlebe, kenne keine Furcht mehr.

–Für das Festival gibt es noch Tickets, 50 Euro im Vorverkauf oder 60 Euro an der Tageskasse. Programm und Anfahrtswege sind im Internet unter der Adresse www.meltfestival.de zu finden.

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