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Berlin: Trittbrettfahrer: Täglich neue Pulver-Briefe

Das Robert-Koch-Insititut gab gestern Vormittag Entwarnung: Der verdächtige Brief, der am Montag im Bundeskanzleramt abgefangen worden war, enhielt keine Milzbrand-Erreger. Die weiße Substanz bestand aus Mehl, Stärke und Staub.

Das Robert-Koch-Insititut gab gestern Vormittag Entwarnung: Der verdächtige Brief, der am Montag im Bundeskanzleramt abgefangen worden war, enhielt keine Milzbrand-Erreger. Die weiße Substanz bestand aus Mehl, Stärke und Staub. Nicht der letzte schlechte Scherz dieser Art. Trittbrettfahrer nutzen in Berlin auch weiterhin die Furcht der Menschen vor Biowaffen. Die Polizei berichtete gestern von vier neuen Briefen mit weißem Pulver. Zwei gingen an Schulen in Tiergarten und Marzahn, einer traf im Axel-Springer-Verlag an der Kochstraße ein, der Vierte wurde im Auswärtigen Amt in Mitte abgefangen. Besonders in den Ministerien sind aber die Sicherheitsvorkehrungen so streng, dass kein Brief ohne Kontrolle seinen Empfänger erreicht.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: US-Gegenschlag, Nato und Bündnisfall Schwerpunkt: Osama Bin Laden Schwerpunkt: Afghanistan Schwerpunkt: Islam & Fundamentalismus Schwerpunkt: Innere Sicherheit Chronologie: Terroranschläge in den USA und die Folgen Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Die Bevölkerung reagiert verunsichert. Ein Frau, die am Sonnabend eine Arztrechnung erhielt, alarmierte die Polizei, weil aus dem Umschlag angeblich weißes Pulver rieselte. Die Untersuchung ergab, es waren winzigste Papierpartikel, die beim Aufreißen des Umschlags hineingefallen waren.

Seit den Attentaten auf das World Trade Center und vor allem nach dem ersten Angriff der USA auf Afghanistan hat sich die Zahl der Gewaltandrohungen per Brief oder Telefon nach Angaben des Berliner Polizeipressesprechers Karsten Gräfe vervielfacht. Für die Polizei sind diese Briefe und telefonischen Drohungen kein Scherz, noch nicht einmal ein schlechter. In allen Fällen werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, und die Chancen, die Absender dank moderner Ermittlungstechnik auszumachen, stehen nicht schlecht. Das Gesetz sieht derzeit eine Höchststrafe von drei Jahren Haft vor, eine drastische Erhöhung des Strafmaßes wird bundesweit diskutiert.

Eine Statistik über die Zahl der Ermittlungsverfahren führt die Polizei allerdings nicht. Auch die Justiz erfasst die Verurteilungen und verhängten Strafen nicht. Allerdings erinnert sich ein Staatsanwalt an ein schon lange zurückliegendes Verfahren, das sich gegen einen Täter richtete, der einer Schule telefonisch mit einer Sprengstoffexplosion gedroht hatte. Der Täter wurde wegen Vortäuschens einer Straftat zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

In jedem Fall muss ein Drohbriefschreiber damit rechnen, die durch den Einsatz von Polizei und Feuerwehr entstandenen Kosten zu ersetzen. Mit Hilfe der internen Gebührenordnungen lassen sich die Kosten für jeden Einsatz auf den Pfennig genau ausrechnen.

Die Opfer, also die Institutionen und Behörden, an die die Briefe geschickt wurden, haben die Möglichkeit, den entstandenen Schaden auf zivilrechtlichem Weg einzuklagen. Die war zum Beispiel im Falle des Kaufhauserpressers "Dagobert" so. Allerdings räumt Polizeisprecher Karsten Gräfe ein, ihm sei bisher in Berlin kein Fall bekannt, bei dem ein Anrufer nach einer Bombendrohung zu finanzieller Wiedergutmachung verurteilt wurde. Auch in der Geschäftsleitung von Möbel-Höffner, der vor wenigen Tagen Opfer eines vermeintlichen Milzbrand-Attentates wurde, macht man sich wenig Hoffnung, den durch die stundenlange Sperrung der Filiale an der Pankstraße entstandenen Schaden jemals ersetzt zu bekommen.

Die BVG will Konsequenzen aus dem Vorfall am Montagabend in der U 7 ziehen. Jugendliche waren, wie berichtet, während der Fahrt mit einem Nachschlüssel in den unbesetzten hinteren Fahrerstand eines Zuges eingedrungen und hatten über die Lautsprecheranlage antijüdische und antiamerikanische Parolen gebrüllt. Sie konnten entkommen.

Noch wird eine Lösung gesucht, wie solche Vorkommnisse künftig verhindert werden können, bestätigte BVG-Sprecherin Barbara Mansfield. Sie räumte ein, schon im Januar sei es Unbefugten gelungen, in die Fahrerkabine eines U-Bahnzuges einzudringen.

hon, weso

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