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Umstrittene Organisation: Scientology soll von der Straße

Charlottenburg-Wilmersdorf reicht es: Bezirkspolitiker wollen verhindern, dass die Psycho-Sekte Scientology weiter auf Straßen für sich wirbt. Ein Kniff könnte sein, die Organisation als Gewerbebetrieb einzustufen.

Im Fall der 14-jährigen Scientology-Aussteigerin aus Berlin gibt es Bewegung. Knapp zwei Wochen, nachdem die Tochter hochrangiger Scientologen zu einer Anlaufstelle für Ausstiegswillige in Hamburg geflüchtet war, befasste sich gestern das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg mit dem Fall. Ob die 14-Jährige in der Obhut des Hamburger Jugendamts bleiben kann, wurde zunächst nicht bekannt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa traf das Gericht jedoch eine Regelung, der auch die Eltern des Mädchens zustimmten. Der Ausstieg der Minderjährigen und ihres 25-jährigen Stiefbruders aus der umstrittenen Organisation hatte in der vergangenen Woche Aufsehen erregt, nachdem bekannt geworden war, dass ihre Stiefmutter leitende Direktorin des im Januar eröffneten Scientology-Zentrums in der Otto-Suhr-Allee ist. Vertreter aller Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus hatten daraufhin gefordert, die Hilfsangebote des Senats für Scientology-Aussteiger zu verbessern.

Nun soll der Organisation immerhin die Anwerbung neuer Mitglieder auf Berlins Straßen schwerer gemacht werden. Wie berichtet, wirbt Scientology regelmäßig mit Missionszelten oder Infotischen auf den Straßen, zum Beispiel auf dem Alexanderplatz. Versuche, die Zelte, in denen Nachhilfeunterricht oder kostenlose „Stresstests“ angeboten werden, gerichtlich zu verbieten, scheiterten. Jetzt aber prüft der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, ob es sich bei Scientology um ein gewinnorientiertes Unternehmen handelt. „Für einen Gewerbebetrieb wird die Genehmigung für Sondernutzung auf der Straße schwerer“, sagte Klaus-Dieter Gröhler (CDU), Baustadtrat und stellvertretender Bezirksbürgermeister.

In Hamburg darf Scientology bereits seit Mitte der neunziger Jahre keine Handzettel verteilen, Personen auf der Straße ansprechen oder an Ständen für Kurse, Bücher oder Seminare werben. Die Hansestadt hatte die Organisation schon in den achtziger Jahren als Gewerbebetrieb eingestuft, wogegen Scientology geklagt hatte. 1995 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Scientology ein gewinnorientierter Gewerbebetrieb ist. Deshalb gilt für die Organisation die Gewerbeordnung. Und für Gewerbebetriebe ist das Hamburger Wegerecht sehr restriktiv: Die gewerbliche Nutzung auf der Straße ist gesetzlich verboten. Nur „in besonderen Fällen“ gebe es Ausnahmen, so ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde.

In Berlin wird Scientology seit Juni wieder vom Verfassungsschutz beobachtet, nachdem die Beobachtung 2003 mangels nachweisbarer Verstöße gegen das Grundgesetz eingestellt worden war. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz lehnt Scientology das demokratische Rechtssystem ab. sib/sel

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