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Berlin: Unauffällig, unscheinbar, ärmlich

Das Glas in der Haustür ist gebrochen. Der graue, fünfstöckige Neubau aus den 80er Jahren in der Hermannstraße 128 macht nicht den Eindruck, als würden hier reiche Leute leben.

Das Glas in der Haustür ist gebrochen. Der graue, fünfstöckige Neubau aus den 80er Jahren in der Hermannstraße 128 macht nicht den Eindruck, als würden hier reiche Leute leben. Auf den Klingelschildern stehen türkische und osteuropäisch klingende Namen. Auf dem Weg in den dritten Stock zur Wohnung der Familie Freinkman steigt man im dreckigen Treppenhaus über leere Plastikflaschen, Papier und Bananenschalen. Bei den Freinkmans öffnet niemand die Tür.

Vadim Freinkman und seine Mutter wohnen hier schon seit 15, 16 Jahren, sagt ein junger Mann aus der Nachbarschaft. Er ist mit „Adi“, wie er Vadim nennt, in die Grundschule um die Ecke gegangen. Man kenne sich immer noch und grüße sich. Die Mutter habe er schon länger nicht mehr gesehen, „Adi“ vor vielleicht zwei Wochen zum letzten Mal. Warum sein früherer Klassenkamerad entführt wurde, kann er sich nicht vorstellen. „Adi“ und seine Mutter seien ganz normale Leute, unauffällig. Nein, reich seien sie sicherlich nicht. Bis vor eineinhalb Jahren habe auch der Vater in der Wohnung gelebt, sagt der junge Mann. Dann sei er gestorben.

Auch ein junges Pärchen, das auf der Etage gegenüber der Freinkman’schen Wohnung lebt, wundert sich, warum Vadim entführt wurde. Sie haben nie etwas Auffälliges an ihm bemerkt. clk

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