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Berlin: „Unerhörter Vorgang“

Potsdam wirft Berlin laxen Umgang mit V-Mann-Protokollen vor

Brandenburger Koalitionspolitiker kritisierten gestern heftig die neuerlichen Indiskretionen in der so genannten V-Mann-Affäre. Hintergrund ist, wie gestern kurz berichtet, dass das ARD-Magazin „Kontraste“ aus Vernehmungsprotokollen der Berliner Staatsanwaltschaft zitierte, in denen der in Berlin in Haft sitzende V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes, Toni S., sowohl seinen ehemaligen Führer wie auch Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin belastet. Die Protokolle liegen den Brandenburger Behörden noch nicht vor. Die Berliner Justizsprecherin Ariane Faust sagte gestern zu dem Fall: „Die Behauptung, die Berliner Staatsanwaltschaft habe die Vernehmungsprotokolle des Toni S. dem Fernsehmagazin zukommen lassen ist absurd, abwegig und entbehrt jeder Grundlage.“

Der Chef der für den brandenburgischen Verfassungsschutz zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission, Christoph Schulze (SPD) sprach gestern nach einer Sitzung der PKK von einem „unerhörten Vorgang“: Die Kette der Indiskretionen in Berlin setze sich fort, womit Zusagen gebrochen würden. Da es sich um Verrat von Dienstgeheimnissen handele, sei der Vorgang strafrechtlich relevant. Mit gezielten Indiskretionen, so Schulze, wollten bestimmte Berliner Sicherheitskreise offenbar von eigenen handwerklichen Fehlern ablenken und „alte Rechnungen“ mit CDU-Innenminister Jörg Schönbohm begleichen. Der Sicherheitsexperte der CDU, Dierk Homeyer, sagte, alle Zusagen Berlins für eine bessere Zusammenarbeit seien Schall und Rauch. „Es geht nicht um Wegesin, sondern um Schönbohm.“ Der Schaden sei enorm.

Zum Vorwurf des V-Mannes selbst, Wegesin habe sich persönlich um seinen Einsatz gekümmert und für den Fall drohender Strafverfahren Rückendeckung zugesichert, meinte PKK-Chef Schulze nach einer Anhörung von Wegesins Stellvertreter Milbradt: „Alles Blödsinn“. Es handele sich um eine Schutzbehauptung, Wegesin habe den V-Mann nicht gekannt. Nicht bestritten wird, dass Toni S. bei Produktion und Vertrieb von Musik-CDs der rechtsextremistischen Gruppe „White Aryan Rebels“ begrenzt mitmachen sollte, um an Hintermänner heranzukommen. Doch wird inzwischen eingestanden, dass er „aus dem Ruder gelaufen“ sei. Das PDS-Mitglied in der PKK, Kerstin Kaiser-Nicht, kritisierte, dass der Kommission keine Einsicht in die Akten des Verfassungsschutzes gewährt werde. ma/akl

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