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Berlin: Unsere große Farm

Zoo und Tierpark sind unter Druck: Sie bekommen immer weniger Zuschüsse Das Ziel heißt: besser kooperieren und aktiv auf Sponsorensuche gehen

Berlin hat immer an zwei Orten Platz für Tiere: einen Zoo, einen Tierpark. Und beide kämpfen. Die Lage ist kritisch, und bislang weiß keiner, ob es in zwei Jahren mit den Landeszuschüssen so weiter- geht. Die schwarzen Wolken, die sich 2003 wegen des öffentlichen Sparzwangs über beiden – besonders aber über dem Tierpark – zusammenbrauten, sind verflogen, von Schließung spricht derzeit keiner mehr. Welcher Politiker wagte solch ein heikles Thema vor den Wahlen? Aber der Tierpark als größerer Subventionsempfänger muss aufpassen. Vor wenigen Monaten geisterte durch den Senat ein finsterer Plan: Innerhalb der nächsten sechs Jahre sollten die Zuschüsse von jetzt rund neun Millionen Euro für beide Einrichtungen auf fast die Hälfte reduziert werden. Davon ist nicht mehr die Rede. Aber die Richtung ist vorgegeben. Noch gilt ein „Zuwendungsvertrag“, bis Ende nächsten Jahres wissen Zoo und Tierpark, was sie finanziell zu erwarten haben. Positiv ausgedrückt heißt das „Planungssicherheit“.

Im Jahr 2004 bekamen beide Häuser zusammen noch fast zehn Millionen. Dass es unwirtschaftlich ist, zwei Zoos in einer armen Stadt zu subventionieren, wissen alle Beteiligten. Sie akzeptieren zähneknirschend (Senat) oder vertrauen darauf (Zoo und Tierpark), dass beide Einrichtungen historisch gewachsen sind. Burgfrieden also. Für den Zoo (West) und sein Tochterunternehmen Tierpark (Ost) gingen vor drei Jahren die Berliner auf die Barrikaden, sammelten Unterschriften. Der Zoologische Garten könnte ohne Zuschüsse überleben, der Tierpark, der den Löwenanteil der Subventionen erhält, nach aktuellem Stand nicht. Vor drei Jahren wurden beide Häuser von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) aufgefordert zu kooperieren, wirtschaftlicher zu arbeiten. Die kaufmännische und die tierbiologische Abteilung wurden vereint, der gemeinsame Zentraleinkauf soll folgen. Stellen wurden nicht wiederbesetzt, um Sparwillen zu demonstrieren, Baupläne zurückgestellt. Aber die Besucherzahlen stagnieren, vielleicht auch wegen der für Berliner Verhältnisse üppigen Eintrittspreise. „Lange Nächte“ sind eine gute Idee, aber besser wären vielleicht auch „Lange Tage“ mit Schnäppchen-Preisen. Es reicht offensichtlich nicht, auf die Werbewirksamkeit von TV-Serien über Berliner Zoo und Tierpark zu vertrauen, wenn man, wie etwa am letzten Sonntagvormittag, im Zoo nicht mal einen Kaffee trinken kann. Beide Einrichtungen mehr ins Leben der Stadt einzubeziehen, offensiv zu vermarkten – das ist ein Weg, der nun endlich, aber eben nur langsam eingeschlagen wird. Finanzsenator Thilo Sarrazin stellt sich einen attraktiven, wirtschaftlichen Hauptstadtzoo „mit zwei Gesichtern“ vor, einen City- und einen Landschaftszoo, die sich im Tierbestand ergänzen. Das ist Zukunftsmusik. Interne Planungen in den Häusern gehen von Terminen bis 2020 aus. Der Senat weiß, dass er eine Fusion nicht durchsetzen kann, in der Zoo-AG hält er nur eine Aktie.

Er erwartet von Tierpark und Zoo, dass sie die Kooperation mit Sponsoren ausbauen, also zusätzliche Geldquellen erschließen. Die Finanzverwaltung unterstützt das Projekt eines Riesenrades am Zoogelände. Sie verlangt von den Direktoren Jürgen Lange (Zoo) und Bernhard Blaszkiewitz (Tierpark), „Potenziale einer Flächenvermarktung"“ zu untersuchen. Soll heißen: sich von Grundstücken zu trennen. Etwa das in den achtziger Jahren eröffnete Erweiterungsgelände am Landwehrkanal zu verkaufen – für den Wohnungsbau. Solche Szenarien gab es schon. Sie sind nicht praktikabel.

Auf Zoo und Tierpark kommen harte Zeiten zu. Vor allem das hoch subventionierte Friedrichsfelde braucht unbedingt Sponsoren, wenn die staatlichen Mittel schon nicht mehr reichen. Der Zoologische Garten könnte sich den Tierpark sonst nicht mehr leisten. Beide Häuser haben nur ein großes Plus, das wirkt wie ein Rettungsring: die Tiervernarrtheit der Berliner.

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