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Kita Berlin

© Kitty Kleist-Heinrich

Urteil: Senat muss Volksbegehren zulassen

Die Berliner müssen doch gefragt werden, ob es bessere Kitas und mehr Transparenz bei der Wasser-Privatisierung geben soll: Der Verfassungsgerichtshof ließ die zuvor abgelehnten Volksbegehren zu.

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Der Landesverfassungsgerichtshof hat mit zwei Urteilen frühere Entscheidungen des Berliner Senats zu Volksbegehren aufgehoben und damit die direkte Demokratie im Land gestärkt. Der Senat hatte die Plebiszite im vergangenen Jahr als verfassungsmäßig unzulässig abgelehnt und gestoppt – zum einen das Kita- Volksbegehren, das mehr Qualität für Berlins Kindertagesstätten fordert, unter anderem bezahlte Vorbereitungszeiten für die Erzieherinnen, einen besseren Leitungsschlüssel und mehr Personal.

Das zweite Volksbegehren, über das entschieden wurde, trug den Titel „Schluss mit den Geheimverträgen – wir Berliner wollen unser Wasser zurück“. Darin fordern die Initiatoren eine Veröffentlichung von Verträgen, die im Bereich der Berliner Wasserwirtschaft abgeschlossen werden.

„Wir haben verloren“, sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Dienstag nach der Urteilsverkündung. Die Entscheidungen seien ein „Erfolg für die direkte Demokratie im Land“. Volksbegehren sind in Berlin künftig auch dann erlaubt, wenn sie beträchtliche Auswirkung auf die öffentlichen Finanzen haben. Die Forderungen der Kita-Initiative kosten nach Einschätzung des Senats bis zu 212 Millionen Euro. Die rot-rote Koalition sieht aber keine Möglichkeit, so viel Geld im neuen Landeshaushalt 2010/11 für die Berliner Kitas zu mobilisieren.

Mit dem Kita-Urteil des Verfassungsgerichtshofes sind ausgabenwirksame Volksbegehren nur noch dann untersagt, wenn sie den laufenden Etat betreffen. Der sogenannte Haushaltsvorbehalt gelte aber nicht für Gesetze, die sich auf künftige Haushaltsperioden auswirken. Die Richter verwiesen ausdrücklich darauf, dass das Abgeordnetenhaus 2006 mit einer von allen Fraktionen beschlossenen Verfassungsänderung die „plebiszitären Beteiligungsmöglichkeiten erheblich erweitert“ habe. Der Landesgesetzgeber habe damit zu erkennen gegeben, dass er dem Volk „im Hinblick auf die verantwortungsvolle Handhabe direktdemokratischer Berechtigungen gesteigertes Vertrauen entgegenbringt“.

Das bedeutet konkret: Entweder mobilisiert die rot-rote Landesregierung genügend öffentliche Mittel, um die Forderungen der Kita-Initiative zu erfüllen. Oder der Senat einigt sich mit den Trägern des Volksbegehrens auf einen Kompromiss. Wenn beides nicht gelingt, wird es unvermeidlich zu einem Volksbegehren kommen.

Experten und Opposition begrüßten das Kita-Urteil am Dienstag. „Wir werden das Volksbegehren weiterhin unterstützen“, sagte etwa Martina Castello, die Geschäftsführerin des Berliner Kitaverbandes Süd-West. Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Björn Jotzo, sprach von einem „Fiasko für den Senat“.

In einem weiteren Urteil entschied das Verfassungsgericht am Dienstag, dass Plebiszite erst nach einem erfolgreichen Volksentscheid auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden dürfen. Eine juristische Vorprüfung darauf, ob ein Volksbegehren höherrangigen Recht widersprechen könnte, ist nicht mehr erlaubt.

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