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Berlin: Verantwortung der Eltern

Betrifft: „Deutschkurs in der Kita“ im Tagesspiegel vom 7. Juni 2002 Groß ist das Erschrecken über die Sprachlosigkeit unserer Kleinkinder, so, als ob das eine ganz neue Entdeckung wäre.

Betrifft: „Deutschkurs in der Kita“ im Tagesspiegel vom 7. Juni 2002

Groß ist das Erschrecken über die Sprachlosigkeit unserer Kleinkinder, so, als ob das eine ganz neue Entdeckung wäre. „Nachhilfe für den Senat“ fordert der Kommentator und konstatiert, dass etwas faul am System sei, weil es nicht genügend Erzieher in den Kindertagesstätten gebe, die den Schulanfängern das hinreichende sprachliche Rüstzeug für die Schule vermitteln. Warum kommt er nicht auf die nahe liegende Idee, dass die Faulheit im System zunächst einmal und in erster Linie an der mangelnden Bereitschaft, vermutlich auch an der mangelnden Fähigkeit von Eltern liegt, sich mit ihren Kindern angemessen sprachlich zu beschäftigen?

Es sollte allgemein bekannt sein, dass Kindererziehung, die über bloße „Versorgung“ hinausgeht, ein anstrengendes Geschäft ist. Unsere Spaßgesellschaft aber möchte sich lieber mit Videospielen, Bierdosen und „Star Wars“ befassen und das Erziehungsgeschäft staatlich beschäftigten Erziehern überlassen. Dann nämlich lässt es sich auch viel leichter schimpfen über Unzulänglichkeiten, wie sie jetzt in der Sprachfertigkeitsstudie der Senatsschulverwaltung ans Tageslicht treten. Der Vorwurf trifft nicht so sehr die nicht-deutschsprachigen Familien. Dass hier noch immer sozial bedingte Integrationsprobleme der Sprachfähigkeit von Kindern im Wege stehen, weiß und bedauert jeder. Dass aber deutschsprachige Familien ihren Erziehungsauftrag, der ganz wesentlich sinnvolle sprachliche Kommunikation mit den Kindern bedeutet, so sehr vernachlässigen oder diesen Erziehungsauftrag nicht einmal kennen, ist der eigentliche Skandal in unserer Gesellschaft. Vielleicht sollten wir uns einmal fragen, was geschehen muss, damit Eltern wieder erkennen, dass sie die Verantwortung für Bildung und Erziehung ihrer Kinder vorrangig selbst tragen und sie nicht einfach „dem Staat“ überlassen können.

Manfred Ullrich, Berlin-Mariendorf

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