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Berlin: Verfassungsgemäßer Etat kein Ziel der PDS

Linkspartei kritisiert Sarrazins Sparstrategie – 800 Millionen Mehreinnahmen sollen Not lindern

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Thilo Sarrazin ist „halbwegs zufrieden“ mit den Verhandlungen zwischen SPD und Linkspartei/PDS über die künftige Finanzpolitik. Zwar setzte er von seinen „Giftlisten“ im Wert von einer Milliarde Euro in der Koalitionsrunde am Montag nur wenig durch. Aber er wird seine Sparvorschläge ab nächstem Frühjahr, wenn der Haushalt 2008 vorbereitet wird, sicher wieder aufrufen. Nach Meinung Sarrazins ist es „zwingend notwendig, die Perspektiven für einen verfassungsgemäßen Haushalt bis 2011 aufzuzeigen“.

Das heißt, die Neuverschuldung soll bis dahin auf das Niveau der Investitionsausgaben (1,4 Milliarden Euro) sinken. Sarrazin befürchtet, dass die Berliner Finanzen sonst völlig aus dem Ruder laufen – und die Opposition könnte auf die Idee kommen, wie schon 2003 die Verfassungswidrigkeit des Etats feststellen zu lassen. Die PDS sieht das anders und will das Ziel eines verfassungsgemäßen Haushalts nicht in den Koalitionsvertrag schreiben. Das wurde schon in der Koalitionsrunde am Montag signalisiert, gestern kam es in der „Arbeitsgruppe Finanzen“ zum Streit. „Wir haben Sarrazins Konzept zerlegt“, sagte der PDS-Haushaltsexperte Carl Wechselberg. Nach dem Karlsruher Urteil könne Berlin der Schuldenfalle nur noch hinterhersparen.

Wechselberg sieht sich durch aktuelle Berechnungen der Finanzverwaltung bestätigt. Um die Neuverschuldung ohne Hilfe von außen zu stabilisieren, müssten bis 2011 lediglich 538 Millionen Euro, bis 2020 aber 2,5 Milliarden Euro eingespart werden. Trotzdem steigt der Schuldenberg bis dahin auf 81 Milliarden Euro. Sarrazins Ziel eines verfassungsgemäßen Haushalts sei vielleicht kurzzeitig, aber nicht dauerhaft zu erreichen, so Wechselberg. Seiner „Fiktion“ hätten in der Verhandlungskommission auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und die meisten SPD-Unterhändler eine Absage erteilt.

In der Facharbeitsgruppe gestern wollte die PDS das Thema nicht noch einmal durchkauen. In SPD-Kreisen wurde bestätigt, dass die Suche nach einer gemeinsamen „finanzpolitischen Botschaft“ weitergehe.

Sarrazin unterlag auch mit seinem Vorschlag, allein bei den Sozialkosten und anderen konsumtiven Ausgaben in den kommenden Jahren 500 Millionen Euro zusätzlich zu kürzen. Stattdessen wollen SPD und PDS im Bildungsbereich 50 Millionen Euro drauflegen. Sarrazins Forderung, den Einstellungskorridor bei der Polizei und den Lehrern weiter zu verengen, wird noch in den Arbeitsgruppen besprochen. Weitere Ideen – Einfrieren der Gehälter im öffentlichen Dienst über 2009 hinaus, Kürzung der Hochschulzuschüsse ab 2010, Studiengebühren und Privatisierung von Wohnungsunternehmen – wurden auf Eis gelegt.

Am Ende eine gute Nachricht: 2006/07 nimmt Berlin jeweils 800 Millionen mehr Steuern ein als geplant. Deshalb kann 2007 die Neuverschuldung von 2,5 auf 1,8 Milliarden Euro gedrückt werden.

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