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Großflughafen: Wowereit droht Unternehmen

Um die Kosten für den Bau des Terminals für den neuen Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld wird weiter gepokert. Der Regierende Bürgermeister schließt eine Neuausschreibung für den Terminal-Auftrag nicht aus.

Der Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Schönefeld GmbH hat auf seiner gestrigen Sitzung über die gestiegenen Kosten im Ausschreibungsverfahren diskutiert. Im Vorfeld hatte der Vorsitzende des Gremiums, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), erklärt, dass eine erneute Ausschreibung nicht ausgeschlossen sei.

„Selbstverständlich muss geprüft werden, ob die bislang eingereichten Angebote ökonomisch vertretbar sind“, sagte Wowereit vor der Sitzung im Info-Radio. Der Tagesspiegel hatte berichtet, dass die Angebote für das Abfertigungsgebäude um rund 400 Millionen Euro über der von der Flughafengesellschaft veranschlagten Summe liegen. Dort war man bisher von Baukosten in Höhe rund 630 Millionen Euro ausgegangen. Eine erneute Ausschreibung würde die bis zum Jahresende geplante Vergabe und den im kommenden Jahr vorgesehenen Baubeginn verzögern. Damit wäre die geplante Eröffnung des BBI am 30. Oktober 2011 gefährdet.

„Das Vergabeverfahren hat gerade begonnen, jetzt wird verhandelt“, sagte der Marketingchef der Berliner Flughäfen, Burkhard Kieker, nach der Aufsichtsratssitzung. Einzelheiten zum Verfahren wollte er nicht nennen. Das Auftragsvergabeverfahren für den Bau des Terminals soll nach Kiekers Angaben bis Mitte Dezember abgeschlossen werden.

Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass auf der Aufsichtsratssitzung nicht über Summen diskutiert wurde. Es handele sich um einen laufenden Vorgang, der noch lange nicht beendet sei, sagte ein Mitglied des Gremiums. Erst am Ende werde entschieden, ob es zu einer Auftragsvergabe oder einem Abbruch des Verfahrens kommt.

Wie verlautet, waren vier Unternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert worden. Unklar ist, ob sich alle beteiligt haben. Dem Vernehmen nach sollen zwei der Firmen das Handtuch geworfen haben und nur zwei Baukonzerne übrig geblieben sein. In informierten Kreisen hieß es, Wowereits Äußerung sei als Warnung an die Baubranche zu verstehen, die Forderungen nicht zu überziehen.

Im laufenden Verfahren sind die gemachten Angebote noch nicht verbindlich. Mit den Bietern finden jetzt sogenannte Aufklärungsgespräche statt, in denen unklare oder strittige Punkte behandelt werden. In diesem Rahmen, so heißt es, könne durchaus noch eine Senkung der Angebotspreise erreicht werden. „Der Basar ist eröffnet“, sagte ein Insider.

Der Bund will indessen derzeit seinen Kostenanteil beim Ausbau des Flughafens Schönefeld nicht aufstocken. Man „verfüge über keine Information über eine Kostenentwicklung beim BBI, aus der sich eine Mehrbelastung für den Bundeshaushalt ergebe“, teilte Verkehrsstaatssekretär Achim Großmann (SPD) jetzt auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Peter Hettlich mit. Dieser nannte die Auskunft Großmanns „blauäugig“.

Das von den Gesellschaftern vereinbarte Finanzierungskonzept basiert auf den bereits vor Jahren festgelegten Gesamtkosten für BBI in Höhe von 2,018 Milliarden Euro. Es sieht vor, dass sich der Bund mit 112 Millionen Euro beteiligt. Brandenburg und Berlin steuern demnach jeweils 159 Millionen Euro bei; 440 Millionen Euro soll die Flughafengesellschaft selbst aufbringen. Der große Rest soll über Kredite finanziert werden.

Flughafen- und Planungsexperten äußerten dem Tagesspiegel gegenüber erhebliche Zweifel, ob eine Neuausschreibung überhaupt rechtlich möglich sei. Sie vertraten die Ansicht, die Aufträge müssten an einen der Anbieter erteilt werden, wenn nicht schwere Mängel in den Angeboten nachweisbar seien. Außerdem erhalte jeder der Anbieter alleine für die Angebotsabgabe Geld, das bei einer Neuausschreibung völlig verloren sei. Fachleute machen darauf aufmerksam, dass die geringen Hochbaukapazitäten ein Grund der Preissteigerung seien. So baue Hochtief etwa die Anlagen für die Olympischen Winterspiele in Sotschi und habe kaum noch Spielräume.

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