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Berlin: Vier Sterne für ein Halleluja

Das Hotel Berlin ist pleite, doch die Branche baut und baut. Der Markt ist überstrapaziert, warnt die Tourismus-Marketing-Gesellschaft

Die Pleite des Hotels Berlin hat die Branche aufgeschreckt. Die Berlin-Tourismus- Marketing-Gesellschaft (BTM) will zwar „nicht unbedingt“ einen Zusammenhang zwischen der Insolvenz und dem großen Hotelbetten-Angebot mit dem heftigen Preiskampf zwischen den Hotels ziehen will, erwartet aber weitere große Hotelprojekte mit Skepsis. „Der Markt darf nicht weiter strapaziert werden, die Grenze ist erreicht“, sagt BTM-Sprecherin Natascha Kompatzki. Derzeit gibt es rund 68000 Hotelbetten in Berlin, doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Ende 2003 sollen es schon knapp 70000 sein. Sollten alle weiteren geplanten Hotels gebaut werden, könnte es in der Stadt schon in zwei Jahren rund 80000 Hotelbetten geben.

Bisher habe man keine Hinweise, dass andere Häuser in eine ähnliche Situation kommen könnte, sagte die BTM-Sprecherin. Der Wettbewerb unter den Häusern aber habe sich kontinuierlich verschärft; der Preiskampf freue zwar die Kunden, bedrücke jedoch die Investoren. Schon jetzt sei der Berliner Übernachtungspreis im Vergleich zu anderen deutschen Städten oder europäischen Metropolen ausgesprochen niedrig.

So beträgt nach Ermittlungen der Tourismus-Experten der durchschnittliche Preis für die Übernachtung in einem Doppelzimmer der Kategorien 3 bis 5 Sterne 98 Euro, in Frankfurt (Main) 102 Euro, in München 111 Euro. In London müssten Hotelgäste durchschnittlich 173, in Rom 174, in Paris 183 Euro zahlen. Berlin sei für fast alle großen Hotelketten zu einer Prestige-Adresse geworden, teilte die BTM mit. Die Bettenkapazität wachse schneller als der Markt, für die einzelnen Hotels werde es immer schwieriger, die notwendigen Umsätze zu erreichen. „Die Unternehmer dürften die Rezession nicht aus den Augen verlieren.“ Willi Weiland, Interconti-Chef und Vizepräsident des Hotel- und Gaststättenverbandes, sprach von der „Misere Überkapazität.“

Rund 11 Millionen Übernachtungen gab es im letzten Jahr, die Zahl wird in diesem Jahr nicht übertroffen. Ungeachtet düsterer Prognosen werden weiter Bettenburgen errichtet. Marriott und Ritz-Carlton eröffnen am Potsdamer Platz, Maritim baut an der Stauffenbergstraße, die Accor-Gruppe das bisher größte Hotelprojekt mit 600 Zimmern am Anhalter Bahnhof. Nebenan steht das Mövenpick-Hotel vor dem Start. Radissson eröffnet in Kürze am Berliner Dom.

Schon als das Hotel Berlin 1996 seinen 200-Betten Anbau am Lützowplatz bezog, war von einer Überkapazität an Berliner Hotelbetten die Rede. „Die Zeiten werden besser“, versprach der Hoteldirektor.

Christian van Lessen

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