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Von Tag zu Tag: Nerven zeigen

Christian van Lessen entdeckt, wie spannend ein Ausflug sein kann

In Kladow liegen die Nerven blank. Das würgende Gefühl macht sich breit, den Anschluss zu verpassen, zurückzubleiben, wie abgehängt. Wer erlebt, wie sich die Massen in langer Warteschlange vor der stündlichen BVG-Fähre Richtung Wannsee schieben und schubsen, drängeln und quengeln, in Wut und Tränen ausbrechen – der erkennt: Die Großstadt bietet Abenteuer und Risiko pur. Wer schafft’s an Bord, wer bleibt zurück? Was sich an schönen Sommertagen abspielt, grenzt für Passagiere – auch fürs Bordpersonal – an Überlebenstraining. Wer es erfolgreich bestehen will, stellt sich am besten gleich nach der Schiffsabfahrt auf den Landungssteg und wartet eine Stunde in brütender Hitze auf die nächste Tour. Wer später kommt, kann mit gut hundert anderen Gestrandeten spüren, wie schaurig es ist, die voll beladene Arche über den großen Teich davonschwimmen zu sehen. Wer die letzte am frühen Abend verpasst, kann sehen, wie er sich von Kladow aus durchschlägt. Nichts gegen den Ortsteil – aber er scheint zu attraktiv für ein einziges Fährschiff. Mehr hat die BVG nicht zu bieten. Dafür macht sie’s spannend. Kladow? Nichts für schwache Nerven. (Seite 12)

Christian van Lessen

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