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Von Tag zu Tag: Ohne Räder

Bernd Matthies über Thilo Sarrazins neue Ferndiagnosen

Thilo Sarrazin ist das, was man auf Englisch eine „loose cannon“ nennt, ein total unberechenbarer Zeitgenosse. Brächte ihn das Schicksal auf den Chefsessel im Auswärtigen Amt, dann wäre Deutschland innerhalb von Monaten im Krieg mit allen Nachbarn.

Nicht, dass Sarrazin nicht häufig recht hätte. Auch das sehr lange Interview in der Zeitschrift „Lettre“enthält viel kenntnisreiche, kluge Analyse. Wie Berlin von der Subventionsmetropole zum Armenhaus geworden ist, beschreibt niemand so detailfreudig wie er, und die Fehler der Einwanderungs- und Integrationspolitik kann er so liebevoll erläutern wie sonst nur der Genosse Buschkowsky.

Die Frage ist nur, was ihn dazu treibt, all das wieder aufzuwärmen. Er hat sich aus der prekären Randexistenz eines Berliner Senators befreit und wird nun endlich, so hoffen wir, leistungsgerecht bezahlt – doch der Drang, besserwisserisch auf die superdoofen Berliner einzuschlagen, ist geblieben. Wowereit? „Wäre er eine Mischung aus Biedenkopf, Brandt und Guttenberg, könnte er natürlich mehr für die Stadt bewirken.“

Echt mal. Und wenn Sarrazin Räder hätte, wäre er sicher ein Autobus.

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