zum Hauptinhalt

Berlin: Wachsamkeit auf extrem hohem Niveau

Mehr Objektschutz, klarere Zuständigkeiten – wie die Sicherheitsbehörden das vergangene Jahr genutzt haben. Größtes Problem ist die Technik

Erkenntnisse über konkrete Anschlagsplanungen in Berlin gibt es nicht, doch Polizei und Verfassungsschutz fühlen sich gerüstet. Die Sicherheitsmaßnahmen, die seit dem 11. September 2001 bereits auf „extrem hohem Niveau gefahren werden“, seien noch einmal erhöht worden, heißt es bei der Innenverwaltung. Die Polizei sei seit der Veröffentlichung des Tonbandes von Osama Bin Laden, „noch sensibler geworden und hat ihre Aufklärungsmaßnahmen verstärkt“, sagt Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Die Behörden hätten das Jahr seit dem New Yorker Anschlag genutzt. Während der verstärkte Objektschutz für Ministerien und Botschaften allgemein sichtbar ist, entziehen sich andere dem Blick. So hat der Verfassungsschutz sprachkundige Islamwissenschaftler eingestellt und ein „Kompetenzteam“ aus erfahrenen Geheimdienstlern gebildet. Außerdem wurde im Landeskriminalamt in diesem Frühjahr die Staatsschutzabteilung umorganisiert und gestrafft. Auswertungs- und Kommunikationswege seien nun dichter geworden, sagt ein Insider.

Eine personelle Verstärkung habe es jedoch nicht gegeben. So beklagt die Gewerkschaft der Polizei denn auch, dass durch die erhöhte Präsenz vor potenziellen Anschlagszielen andere Bereiche nahezu „entblößt“ werden. Auch beklagt sie fehlende Katastrophenübungen mit Brandenburg. Lutz Hansen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sieht Probleme vor allem darin, dass Berlin noch immer nicht als „ein gemeinsamer kriminalgeografischer Raum“ mit Brandenburg und den östlichen Nachbarstaaten betrachtet wird, sowie in veralteter Technik. „Uns fehlt eine zeitgemäße Technik und sie ist auf weite Sicht auch nicht zu erwarten“, sagt der BDK-Chef. Ein Zugriff auf zur Verfügung stehende Daten sei daher zumeist nur begrenzt . Um zu Hintergrundinformationen zu kommen, müssten die Beamten oft mit „selbst angelegten Dateien“ arbeiten. Tatsächlich steht es schlecht um das „Informationssystem Verbrechensbekämpfung“ der Berliner Polizei, zunehmend gerät es an die Grenze seines Leistungsvermögens.

Nicht selten falle das Mitte der 70er Jahre installierte System bereits „stundenweise“ aus, klagen Kriminalbeamte. Spätestens 2005 muss es vom Netz. Um es zu ersetzen wird seit rund zwei Jahren am Aufbau von POLIKS (Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung) gearbeitet. Es soll inzwischen zumindest soweit fertig gestellt sein, ist aus Polizeikreisen zu hören, dass vor kurzem die ersten Schulungen beginnen konnten. Henrike Morgenstern, Sprecherin der Innenverwaltung bestätigt dies. Ende 2003 soll POLIKS wie vorgesehen in die erste Phase der „Echteinführung“ gehen, sagt sie. Neue Schwierigkeiten gibt es bei der Einführung eines neuen, abhörsicheren Digitalfunks für die Sicherheitsbehörden. Erst letzte Woche haben die Länderfinanzminister dem Projekt die weiteren Gelder gestrichen. Die geplante Inbetriebnahme zur Fußballweltmeisterschaft im Jahre 2006 ist damit zeitlich kaum zu schaffen. Die Berliner Polizei Berlin steht dann bei der Kommunikation mit den Sicherheitskräften anderer Staaten vor einem riesigen Problem.

Otto Diederichs

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false