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Berlin: Wagner mit Würstchen

Tausende kamen zur Feier der Staatsoper – in den Palast der Republik und ins Haus Unter den Linden

Der Andrang war größer als erwartet. Mehrere hundert Opernfreunde standen am Sonntagnachmittag geduldig vor den Absperrgittern am Palast der Republik. Sie wollten die LiveÜbertragung der Wagner-Oper „Parsifal“ aus dem Opernhaus in die Ruine des Palastes der Republik sehen . Doch viele blieben zunächst nur Zaungäste. Denn in die Ruine passen wegen der Auflagen der Bauaufsicht nicht beliebig viele Zuschauer. Und so musste draußen warten, wer nicht schon sehr zeitig erschienen war, um bei freiem Eintritt einen der begehrten Plätze zu bekommen. Damit die Wartenden bei Stimmung blieben, verteilte der Sponsor Essbares: Würstchen statt Wagner – damit wollte sich nicht jeder zufrieden geben und zog von dannen. Erst später, nachdem die Übertragung begonnen hatte, kamen die Wartenden schubweise hinein.

Drinnen hatte der Sponsor, die Modefirma Tom Tailor, eine riesige weiße Kiste aufgebaut, in der es sich rund 500 Zuschauer bequem machen konnten. Breite Polster gab es für die eingeladenen Promis, weniger komfortable, aber dennoch angenehme Plätze an den Seiten – das ganze hatte etwas von einer großen hübschen Lounge. Bevor Dirigent Daniel Barenboim den Taktstock zur berühmten Ouvertüre der Oper erhob, wurden die Parsifal-im-Palast-Gäste Zeugen des Pfeifkonzerts, das Kultursenator Thomas Flierl bei seiner Ansprache in der Staatsoper zu hören bekam. Flierl hatte gefordert, die Palastruine müsse so lange stehen bleiben, bis die Sanierung der Staatsoper abgeschlossen sei. Da dieses Projekt noch nicht einmal angefangen ist, würde die Ruine dann noch Jahre stehen. Ein turbulenter Beginn der feierlichen Jubiläumsgala in der Staatsoper, die schon am Abend vorher mit einem großen Fest auf dem Bebelplatz begonnen hatte.

Zum ersten Tag der offenen Tür in der Lindenoper seit 1990 kamen tausende Berliner, sogar Teenager mit dem Aufdruck „Rock“ auf ihrem T-Shirt. Und den bekamen sie auch geboten: Vier Cellisten der Staatskapelle spielten Stücke der Heavy-Metal-Band„Metallica“. An einem Ort, der sämtliche Clubbetreiber neidisch werden ließe: Im Magazin der Staatsoper, einer Art Hochregallager aus Beton mit Stahltüren, an denen mit Kreide die Namen der Figaro, Falstaff oder Turandot geschrieben sind und die Requisiten der jeweiligen Oper beherbergen.

Der Tag der offenen Tür war Teil der Feierlichkeiten anlässlich der Eröffnung der Oper vor 50 Jahren, nach dem Wiederaufbau des kriegszerstörten Musiktheaters. In den Werkstätten an der Französischen Straße wurde ein Teil des Kostümfundus feilgeboten. Und im Intendantenhaus, wo es in den Gängen immer noch ein bisschen nach Karbol und Soljanka riecht, wurde Theatersport geboten: „Wer möchte mal so richtig morden?“, fragte der Spielleiter und zwölf Freiwillige aus dem Publikum spielten „Macbeth“ im Schnelldurchlauf . oew/olk

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