
© AFP/JOHN MACDOUGALL
„Wähl Liebe“: Tausende demonstrieren beim Winter-CSD in Berlin
Die Veranstalter der Winter-Ausgabe des Christopher Street Day forderten einen stärkeren Schutz der Rechte von Minderheiten – und hofften, dass die künftige Bundesregierung ihnen gut zuhört.
Stand:
Kurz vor der Bundestagswahl demonstrierten queere Menschen und Verbündete am Sonnabend in Berlin für ihre Rechte und rufen zur Teilnahme an der Wahl auf. Erwartet wurden rund 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Demonstration war um 11.55 Uhr am Bundestag gestartet. Sie zog über den Potsdamer Platz bis zum Nollendorfplatz in Schöneberg.
Erstmals fand ein CSD im Winter statt. Grund dafür ist die vorgezogene Bundestagswahl. An 55 Orten in Deutschland starteten um „fünf vor zwölf“ Pride-Demonstrationen. Die bundesweite Kampagne kritisierte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU). Sie rief unter dem Motto „Wähl Liebe“ zu Kundgebungen für Vielfalt, Toleranz und Gleichberechtigung auf.
Bereits zu Beginn in Berlin hätten sich 3000 Menschen versammelt, sagte eine Sprecherin der Berliner Polizei dem Tagesspiegel. Gegen 14 Uhr sprach der Veranstalter von 15.000 Menschen. Die Polizei zählte eine Stunde später knapp 6000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
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Auch Cansel Kiziltepe (SPD), als Senatorin zuständig für Gleichstellung, Vielfalt und Antidiskriminierung, und Berlins Queerbeauftragter Alfonso Pantisano, waren dabei. „Es geht darum, die Rechte der queeren Community zu verteidigen“, sagte Kiziltepe dem Tagesspiegel. Sie mache sich große Sorgen. „Alles, was wir erreicht haben, wird gerade infrage gestellt.“
Erstmals kämpfen wir nicht mehr dafür, gleiche Rechte zu bekommen, sondern unsere Rechte zu erhalten.
Thomas Hoffmann, Vorstand des Berliner CSD
Pantisano sagte: „Spätestens jetzt merken wir, dass alles, wofür wir jahrzehntelang gekämpft haben, in Gefahr ist. Und dass es so weit kommt, dürfen wir nicht zulassen.“

© Dominik Mai
Tausende Menschen vor dem Bundestag
Tausende Menschen standen vor Beginn mit wehenden Regenbogenflaggen im Schnee vor dem Bundestag. Die Demo begann mit einer Begrüßung des Berliner CSD-Komitees. „Wir merken, der Ton wird rauer gegen unsere Community“, sagte Marcel Voges, Teil des Vorstands Berliner CSD e.V. „Die Antwort auf Hass kann nur Solidarität sein. Wir stehen am Scheidepunkt: Wollen wir Hass oder Zusammenhalt? Vielfalt oder Unterdrückung?“
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Es folgte eine Schweigeminute, um an die Opfer des mutmaßlichen Anschlags in München zu denken. Ein besonderer Fokus liege auf Trans-Rechte, hieß es anschließend. Diese würden in den USA unter Donald Trump abgebaut, während Friedrich Merz Verständnis geäußert habe, dass US-Präsident Donald Trump künftig nur zwei Geschlechter anerkennen will.
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„Unsere Rechte stehen auf dem Spiel: Erstmals kämpfen wir nicht mehr dafür, gleiche Rechte zu bekommen, sondern unsere Rechte zu erhalten“, sagte Thomas Hoffmann, Vorstand des Berliner CSD.

© Katharina Kalinke
Insgesamt fünf Trucks begleiteten den Demozug vom Bundestag über das Brandenburger Tor, am Holocaust-Denkmal über den Potsdamer Platz und an der CDU-Parteizentrale bis zum Nollendorfplatz. Die Wagen trugen Banner mit den Kernforderungen des Winter-CSD: Schutz für queere Menschen ins Grundgesetz aufnehmen, Hasskriminalität und Hate Speech bekämpfen und Erhalt der Community und Beratungsstrukturen.
Marcella Rockefeller, Lillet und Luna Lube bekräftigten die Forderungen. „Wir müssen unsere Rechte verteidigen, noch nie standen wir so kurz davor sie zu verlieren“, sagten sie. „Wir wehren uns dagegen und verteidigen die Demokratie.“

© Katharina Kalinke
Der CSD zog auch am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen vorbei, das sich im Tiergarten befindet. Dort sprach Klaus Lederer, Berlins ehemaliger Kultursenator und nun queerpolitischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus. Er erinnerte an die Verfolgung queerer Menschen im Nationalsozialismus sowie an Angriffe auf Schwule, Lesben, bi, trans und inter Menschen heutzutage – und warnte vor Rückschritten: Lederer kritisierte in seiner Rede insbesondere die AfD, die die Ehe für alle wieder abschaffen will, und CDU/CSU, die selbiges mit dem Selbstbestimmungsgesetz vorhat. „2025 ist nicht 1933“, sagte Lederer. „Wir sind nicht gezwungen, die Geschichte zu wiederholen. Aber wir müssen bereit sein, aus ihr zu lernen.“

© Tsp / Katharina Kalinke
Vor dem Denkmal für die ermordeten Juden Europas erinnerte ein Tonbeitrag auf dem zweiten Wagen an die Verfolgung queerer Menschen in der Nazizeit und erzählte die Geschichte von Rudolf Brazda, der als junger Mann wegen seiner Homosexualität von den Nationalsozialisten verfolgt wurde. Er überlebte das Konzentrationslager Buchenwald.

© Tsp / Katharina Kalinke
In den Demo-Zug hatte sich auch Bird aus der Ukraine eingereiht. Sie lebt seit letztem Oktober in Berlin. Es war ihr erster Pride March: „Der Pride March fühlt sich wie die Community an, die ich mir immer gewünscht habe.“ Sie sei überglücklich, in Sicherheit demonstrieren zu können. Da komme auch die Kälte nicht in die Quere.

© Tsp / Katharina Kalinke
„Es ist wichtig heute zu demonstrieren, zu zeigen, dass sich die Community nicht spalten lässt“, sagte Stephan Jäkel (links) von der Schwulenberatung Berlin. „Wir sind hier und wir sind laut, um unsere Rechte und unsere Demokratie zu verteidigen.“
Edward Mutebi (rechts), ebenfalls von der Schwulenberatung Berlin, richtete seine Worte an die AfD: „Ich habe Deutschland als ein vielfältiges Land kennengelernt, die Menschen haben uns willkommen geheißen, die wir als queere Menschen in unseren Herkunftsländern verfolgt wurden. Wir kämpfen, diese Offenheit und Freiheit zu erhalten.“ Mutebi kommt aus Uganda.

© Tsp / Katharina Kalinke
Der CSD machte Stopp am Schwulen Museum, auf das es schon mehrfach Anschläge gab. Unter anderem wurde auf das Haus geschossen.

© Tsp / Dominik Mai
Heiner Schulze vom Vorstand des Museums erinnerte daran, dass mehrere Orte wie das Hoven in Neukölln immer wieder Ziel queerfeindlicher Attacken werden und dass es Attacken auf CSDs gab. Schulze kritisierte dabei auch die Kürzungen des schwarz-roten Senats für queere Einrichtungen.
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Darauf angesprochen, ob etwa nach dem jüngsten Anschlag in München besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden seien, sagte die Polizeisprecherin, die Beamten hätten sich im Vorfeld mit den Sicherheitsdiensten ausgetauscht. Da aber „keine konkrete Gefährdung“ bestanden habe, seien zusätzliche Maßnahmen nicht notwendig gewesen.

© Tsp / Dominik Mai
Gegen 16 Uhr war die Demo an der CDU-Parteizentrale angekommen. Einzelne Personen bewarfen Wahlplakate der AfD und CDU mit Schneebällen. Eine Person versuchte das CDU-Plakat von der Ampel zu schneiden, wurde aber von der Polizei heruntergeholt. Auch das Wahlplakat von Merz wurde „verziert“.
Die Demonstrierenden wünschten in Richtung Parteizentrale „Happy Pride“ und stimmten immer wieder in „Ganz Berlin hasst die CDU“-Chöre ein.

© Tsp / Katharina Kalinke
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Kerstin Thost vom LSVD⁺–Verband Queere Vielfalt setzte fort, was Klaus Lederer zuvor gesagt hatte: „Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein menschenrechtlicher Meilenstein, für den wir so lange gekämpft haben. Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm stehen, dass sie dieses wieder abschaffen will und steht damit in einer Reihe mit denen von AfD und BSW.“ Das sei kein Politikwechsel, wie von CDU/CSU behauptet., sondern reaktionär und realitätsfern. (mit dpa)

© Tsp / Katharina Kalinke
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