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Was macht die Familie?: Ins Theater gehen

Wie ein Vaterdie Stadt erleben kann.

In letzter Zeit denke ich öfter an Goethe und seinen Wunsch, der Augenblick möge doch bitte verweilen. Der Große meiner drei Jungs beginnt im Herbst ein Studium in Den Haag, der Mittlere hegt ein verdächtiges Faible für Dänemark und der Kleine ein ganz offensichtliches für die USA. Hab ich sie nicht gestern noch gewickelt? Vorbei ist vorbei – die Expertengespräche über den Tauschwert von Pokémon-Sammelkarten, die Fernsehnachmittage mit Bibi Blocksberg, und in welchem Zoogehege finden wir eigentlich Benjamin Blümchen?

Die Vergangenheit lässt sich nicht zurückholen, aber simulieren. Das verdanke ich der Frau, sie arbeitet als Lehrerin in einer Grundschule und bekommt von Zeit zu Zeit Einladungen zu Theatervorstellungen. Im ganz konkreten Fall heißt das: „Top Card Camilla“ im Platypus Theater, einer deutsch-englischen Bühne, die sich auf Grundschulkinder spezialisiert hat. Es geht um Finn und Lukas, beste Freunde und größte Rivalen, wenn es um die neuesten Sammelkarten von „Power Race“ geht. Das mit der Rivalität führt so weit, dass Finn und Lukas sich plötzlich wiederfinden in einem Mikrokosmos mit Princess Camilla und Martia Assasina, den Helden ihrer Sammelleidenschaft.

Mit uns im Saal der Ufa-Fabrik sitzen um die 200 Viert- und Fünftklässler. Bevor es losgeht, hält Theaterchef Peter eine kleine Rede: „Don’t smoke and don’t drink any beer, please!“ Die Kleinen bringt er damit zum Lachen, bei den Großen meint er es ernst. Alles schon da gewesen, Pubertisten sind ein schwieriges Publikum. Die Schauspieler sind ein bisschen älter als meine drei Jungs heute. Schade eigentlich, dass sie jetzt nicht dabei sind – für einen freien Schultag hätte ich sie bestimmt überreden können, und wahrscheinlich würden sie genauso mitgehen wie die Viert- und Fünftklässler neben, hinter und vor uns. Alle haben sie schon nach ein paar Minuten vergessen, dass da vorn auf der Bühne in einer anderen Sprache vorgetragen wird.

Die Handlung fesselt die vielen Kleinen im Saal und die beiden Großen auch. Der finale Applaus will hart erkämpft werden. Die Schüler sind ein ehrliches Publikum, vielleicht das ehrlichste überhaupt. Wenn es ihnen nicht gefällt, dann klatschen sie auch nicht. Wie das ausgeht mit Camilla und Martia Assasina und Finn und Lukas, wird hier nicht verraten. Würde den hoffentlich vielen Schülern, die noch ins Platypus-Theater gehen, den Spaß nehmen. Und vielleicht auch meinen Jungs. Ganz aufgegeben habe ich die Hoffnung noch nicht. Sven Goldmann

Liebe Grundschullehrer: Wollt ihr euren Schülern und euch selbst etwas Gutes tun, dann klickt doch mal auf: www.platypus-theater.de

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