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Berlin: Welke Währung

Seit sieben Jahren gibt es die Regionalwährung Havelblüten – doch das Alternativgeld ist gescheitert.

Potsdam - Uwe Kellermann steht hinter der Käsetheke seines Bioladens in Babelsberg. Er sei eigentlich der letzte Händler in Potsdam, der noch mit der Regionalwährung „Regio Havelblüte“ handele, sagt er. Doch einen richtigen Handel gäbe es ohnehin schon lange nicht mehr. Er nutze die Havelblüten mittlerweile als Rabattmarken für Kunden, ein Spaßprodukt für mehr Kundenbindung. Es ist eine ernüchternde Bilanz des vor sieben Jahren so ambitioniert gestarteten Projekts.

Kellermann war einer der Hauptinitiatoren, als die Regionalwährung im Juni 2006 an den Start ging. Mit dem alternativen Geld wollte man die regionale Wirtschaft im Zeitalter der Globalisierung stabilisieren. Man erhoffte sich eine Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und mehr Arbeitsplätze durch einen ständigen Warenaustausch. Eine ständige Zirkulation innerhalb der Region sollte die ortsansässigen Betriebe fördern. Eine Havelblüte erhielten die Kunden damals zum Preis von einem Euro. Das Konzept schien aufzugehen: 2010 zählte der Havelblüten-Verein potsdamweit rund 100 aktive Unternehmen, die die Regionalwährung akzeptierten. Mehr als 60 000 Havelblüten sollen damals im Umlauf gewesen sein. Auf den Scheinen zu Beträgen von einem, zwei, fünf, zehn oder zwanzig sind die Blüten typischer Nutzpflanzen aus Brandenburg dargestellt: Kartoffeln, Gurken, Apfel, Spargel, Kirsche.

Viel geblieben ist von der vermeintlichen Pracht nicht: Zwar verzeichnet die Teilnehmerliste auf der Internetseite noch 68 Havelblüten-Anhänger, darunter auch Arztpraxen oder Musiklehrer. Doch zum Beispiel beim Besuch im Potsdamer Spieleladen „Galadriel“, wo die Regionalwährung angeblich noch ausgegeben wird, stößt die Frage danach auf Verwunderung. Danach habe schon lange niemand mehr gefragt, erklärt der Verkäufer. Nach einer kurzen Suche in mehreren Schubladen schüttelt er den Kopf: „Wir haben leider keine Scheine mehr, die aktuell gültig sind“, sagt er.

Das Alternativgeld unter die bodenständigen Bauern zu bringen habe sich am Ende als zu schwierig erwiesen, erzählt Kellermann. Ihnen hätte die Zeit gefehlt, Verständnis für diese Idee und das Projekt aufzubringen. Er habe sich auch von größeren Unternehmen mehr Zuspruch erhofft, von den Potsdamer Verkehrsbetrieben zum Beispiel. Sie hätten ein Motor für die Regionalwährung werden können, glaubt Kellermann. Aber seine Anfrage sei erfolglos geblieben.

Mit dem etablierten Urstromtaler aus Sachsen-Anhalt und dem Steintaler aus Bad Belzig kam es im Jahr 2010 zu einer überregionalen Fusion der Havelblüte zum „Regio“. Aber die Nachfrage ging trotzdem immer weiter zurück. Etwa 20 000 Regios seien heute im Umlauf, schätzt Kellermann. Er klingt ernüchtert.

Ganz abgeschrieben hat er die Idee aber trotzdem nicht – auch wenn es ein düsteres Szenario ist, das er schildert: Wenn es zu einer neuen Wirtschaftskrise kommen würde, hätten die Regionalwährungen möglicherweise eine Chance.

Lukas Berg

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