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Berlin: Weniger Pleiten, viele gerettete Firmen

Die Zahl der Insolvenzen ging im ersten Halbjahr 2004 zurück – und häufig kann das Überleben des Betriebs gesichert werden

Die Pleite als Chance: Das Überleben der Blue Band Hotels ist nicht die letzte gute Nachricht aus der Berliner Wirtschaft. Die Zahl der Unternehmen, die Insolvenz angemeldet haben, ist im ersten Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um elf Prozent auf 993 gesunken. Das teilte das Statistische Landesamt auf Anfrage mit. Im Gesamtjahr 2003 hatten noch 2161 Unternehmen aufgegeben, im Jahr 2002 waren es 2094. Die Gesamtzahl der Insolvenzen steigt zwar weiter – aber bei Privatleuten, nicht bei Firmen.

Zudem gelingt es Insolvenzverwaltern oftmals, angeschlagene Firmen zu retten. Eine solche Erfolgsstory war die der Traditionsfirma Herlitz. Die Firma hatte sich an Immobiliengeschäften verhoben, der Betrieb warf nicht genug ab, um die teuren Häuser zu finanzieren. Der Insolvenzverwalter verordnete im Jahr 2002 eine Schlankheitskur. Die Firma beschränkt sich jetzt auf das, was sie kann, nämlich Schreibwaren herstellen, und schreibt wieder schwarze Zahlen. Fast alle Arbeitsplätze blieben erhalten. Allerdings war vorher schon viel Personal abgebaut worden. Gute Nachrichten auch von der Berliner Borsig GmbH: Da auch die Muttergesellschaft Babcock Borsig AG pleite war, wäre es hier nicht sinnvoll gewesen, wie im Falle Herlitz einen Insolvenzplan aufzustellen. Stattdessen verkaufte der Insolvenzverwalter Peter Leonhardt den Betrieb an eine Auffanggesellschaft. Die Gläubiger sollen eine Quote von 50 Prozent ihrer Forderungen bekommen – das ist sehr viel. Anfangs war von fünf Prozent ausgegangen worden. Und 300 Jobs blieben in Berlin erhalten. Auch der Sender Jazzradio konnte gerettet werden; bei der Senator Film laufen die Planungen noch.

Das neue Insolvenzrecht, das seit 1999 gilt und das frühere Konkursrecht ersetzte, begünstigt solche Erfolge. Der Gesetzgeber wollte der Erhaltung von Unternehmen Vorrang vor ihrer bloßen Abwicklung geben. „Das funktioniert“, sagt Gerd Woweries, Bereichsleiter bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). „Insolvenzverwalter suchen heute stärker nach Sanierungsmöglichkeiten.“

Berlin wurde in den vergangenen 15 Jahren von einer Pleitewelle erfasst. „Erst fiel die Mauer, dann fiel die Berlin-Förderung weg, und dann hatten Unternehmer plötzlich Konkurrenz im zuvor abgeschotteten West-Berliner Markt“, beschreibt Insolvenzverwalter Christian Köhler-Ma aus dem Büro Leonhardt die Ursachen für die vielen Pleiten. „Zugleich hatten sie hohe Kosten, die sie sich nun aber nicht mehr leisten konnten.“

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