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Berlin: Wenn der Schupo schwul ist Alles andere als schrill:

Polizisten paradierten mit

Er war schon verheiratet und hatte ein Kind, als er merkte, dass dies alles nicht richtig ist. Dass es so nicht weitergehen kann. Da war er schon bei der Polizei, hatte gerade ausgelernt. Mit einem radikalen Schritt begann er damals sein zweites Leben. Outing jetzt gleich, privat und dienstlich, alles auf einmal.

Andreas Gerbsch, 40, und Polizeioberkommissar, ist Mitglied im „Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter“ (Velspol), und beim CSD war er einer von zehn Polizisten, die die regenbogenverzierte Verbandsfahne hochhielten. Wagen Nummer 24 war ihrer, ein grünsilberner BMW Kombi, ein nachgemachter Polizeiwagen, geliehen von einer Filmfirma. Die Männer trugen dunkelgrüne Polohemden, schrill oder laut waren sie nicht. Manchmal nickten Kollegen, die zur Sicherung der Parade im Einsatz waren, ihnen zu. Aber nur selten.

Velspol schätzt, dass jeder zehnte Polizist homosexuell ist, was sich aber in Mitgliederzahlen nicht niederschlägt: Etwa 500 sind es bundesweit, 70 in Berlin und Brandenburg. In Sachsen oder Sachsen-Anhalt ist Velspol nicht vertreten.

Dass man es als Angehöriger einer Minderheit im oft chauvinistischen Polizeibetrieb nicht leicht hat, gilt weiter. Immer wieder werden auch Klagen von Frauen öffentlich, die sich gemobbt oder gar belästigt fühlen. Als Gerbsch sich geoutet hatte, fing sein Chef an, ihn zu mobben. Er diskreditierte Gerbschs Arbeit, stellte ihn als unzuverlässig dar, strich ihn von der Beförderungsliste. „Er sagte dazu: Leute wie Sie gehören nicht in Führungspositionen.“ Und fühlte sich wahrscheinlich im Recht. Weil Leute wie Gerbsch, als Vertreter einer Minderheit, vielleicht zu viel Empathie haben für andere Minderheiten. Weil sie sich in Kollegen verlieben und alles durcheinander bringen könnten. Dabei würden überall Männer und Frauen zusammenarbeiten, ohne dass es zum erotischen Overkill kommt. Es seien oft ältere Männer, die die stärksten Vorbehalte haben, sagt Gerbsch, Männer, die auch schon gegen Frauen im Dienst waren.

Gerbsch konnte bald nach dem Outing die Dienststellen wechseln, von Friedrichshain nach Lichtenberg, und da wurde es besser. „Ich gehe jetzt ganz normal meiner Arbeit nach“, sagt er, „und muss nicht jeden Tag daran denken, dass ich anders gepolt bin.“ Ein Dienststellenwechsel ist für Velspol aber nur die äußerste Möglichkeit. Es gehe nicht darum, den Schwulen als Problem zu entfernen, sondern die anderen sollen umlernen, sagt Sprecher Thomas Stichhan. „Wir müssen klar machen, dass die Polizei nicht nur für Heterosexuelle da ist.“ ari

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