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Die befragten Studierenden

© Markus Lücker

Wettbewerb um den Exzellenztitel: So denken Berliner Studierende über ihre Unis

Am Freitag entscheidet sich, welche Universitäten zusätzliche Millionen bekommen. Studierende erzählen über Leistungsdruck und wo Berlins Unis spitze sind.

Von Markus Lücker

Um 16 Uhr beginnt am Freitag die Pressekonferenz auf der Bundesforschungsministerin Anja Karliczek verkünden, welche Universitäten im milliardenschweren Bund-Länder-Wettbewerb als Sieger hervorgehen.

Schaffen es die drei großen Berliner Universitäten und die Charité, gemeinsam den Exzellenztitel zu holen? Wir haben Berliner Studierende gefragt, was sie von ihren Unis halten, wo sie exzellent und wo nicht so exzellent sind.

Clemens Schumann, 21 Jahre, studiert Physik an der Freien Universität

Was ist schon jetzt exzellent?

Wir haben teilweise unfassbar kompetente Professoren. Die schaffen es auch, die Studenten durch ihre Vortragsweise mitzureißen. Manchmal stehen da Menschen in Theorie-Veranstaltungen, die während einer gesamten Vorlesung nur einmal in ihre Notizen schauen und trotzdem 24 Tafeln vollschreiben. Die leisten das einfach aus dem, was sie sich im Kopf herleiten können.

Das ist schon beeindruckend und hilft Zuhörern dabei, gedanklich dabei zu bleiben. Zumindest ist es spannender als ein Dozent, der einfach nur abliest, was er sich vor Ewigkeiten aufgeschrieben hat.

Wo sieht du Probleme?

Meine Kommilitonen haben neulich einen Zeitungsartikel in unserem Fachschaftsraum aufgehängt: Angeblich sind Physiker die Nummer eins bei Depressionen, Schlafstörungen und Burn-out. Wir fanden das ziemlich lustig. Manches in diesem Fach macht aber wirklich unnötigen Druck. Wir müssen jede Woche Übungszettel für unsere Kurse ausfüllen. Das alleine nimmt rund 30 Stunden in Anspruch.

Wer die Übungsaufgaben ein einziges Mal nicht gut genug beantwortet, kann später unter Umständen den Kurs nicht abschließen. Das ist natürlich ein Problem für alle, die arbeiten müssen. Darum sollte auch klarer kommuniziert werden, wie Studenten an finanzielle Mittel durch Stipendien kommen können.

Ayse Selin Güneytepe, 21 Jahre, studiert Medizin an der Charité

Was macht dein Studium besonders?

Ich habe bis vor zwei Jahren noch in Istanbul gelebt und habe mir Berlin ausgesucht, weil meine Fakultät immer sehr gut als Standort in Online-Rankings abschneidet. Wahrscheinlich auch, weil dort stark in die Forschung investiert wird.

Seitdem ich hier bin, begeistert mich aber insbesondere, wie sehr sich die Kurse am Feedback von Studierenden orientieren. Wir haben dafür ein Portal, über das wir unsere Meinung zu Lehrangeboten mitteilen können. Wenn wir dort etwas kritisieren, wird das oft schon im nächsten Semester tatsächlich verbessert. Die Leitung ist da äußerst flexibel.

Was würdest du bemängeln?

Manchmal fallen Veranstaltungen durch Feiertage aus. Es geht mir nicht darum, dass wir auch an Feiertagen zur Uni gehen sollten. Mich und viele andere stört, dass diese Termine nicht nachgeholt werden. Stattdessen wird geplant, als gäbe es die Feiertage nicht, um die Kurse dann ausfallen zu lassen. Das macht natürlich keinen Sinn. Wir müssen den Stoff in solchen Fällen selbstständig lernen. Teilweise ist das aber nicht möglich.

Wir haben sogenannte Untersuchungskurse. Da gehen wir mit den professionellen Fachkräften direkt zu Patienten. Oder wir lernen in Kursen, wie man möglichst freundlich mit Erkrankten umgeht. Das sind fantastische Angebote, sowas kann ich mir aber nicht später alleine zu Hause selber beibringen.

Amin Al Khalili, 23 Jahre, studiert Energie- und Prozesstechnik an der Technischen Universität

Was gefällt dir an deiner Uni?

Der Campus ist schön und groß und alle versuchen einander möglichst gut zu helfen. An erster Stelle steht für mich allerdings die hervorragende Qualität des Studiums. Ich habe zwar momentan fast keine Zeit mehr für ein Privatleben oder um arbeiten zu gehen – dafür sind die Lehrveranstaltungen einfach zu anspruchsvoll.

Gleichzeitig weiß ich aber, dass der Abschluss am Ende den Aufwand wert sein wird. Zumindest, wenn ich noch die zusätzlichen Semester bis zum Master durchhalte. Mein Fach ist unter Studenten ziemlich verbreitet. Ohne zusätzliche Spezialisierung ist das Ganze also noch nicht so viel wert.

Wo siehst du die größten Probleme?

Wenn ich eine Sache sofort ändern könnte, wäre es auf jeden Fall die Website der TU. Bei der bekommt man fast das Gefühl, als sei sie absichtlich kompliziert gestaltet worden. Jede Information müssen wir Studenten uns da regelrecht erkämpfen, so unübersichtlich ist das alles aufgebaut. Das wird vor allem dann problematisch, wenn ich ein offizielles Dokument brauche.

Und es hört ja auch nicht bei der einen Website auf. Meistens muss ich mich durch drei bis vier verschiedene Internetseiten und -portale klicken, die alle zur Uni gehören. Da darf ich mir dann Stück für Stück zusammensammeln, was ich brauche. Sehr altmodisch.

Jamil Zegrer, 22 Jahre, studiert Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität

Was ist an deinem Institut exzellent?

Ich halte nicht viel vom Gedanken der Exzellenz und dem Druck, der durch dieses elitäre Bild aufgebaut wird. Das hilft zwar Leuten, die nur möglichst schnell und mit möglichst guten Qualifikationen in den Arbeitsmarkt kommen wollen. Die leisten genau, was gefordert wird. Nicht mehr, nicht weniger. Ich hingegen finde ein Studium gerade dann bereichernd, wenn ich Zeit habe, mich umzusehen.

Wenn ich selbst erschließen kann, wie und wo ich meine Kompetenzen am besten ausbilden will. Wer Uni auf den Arbeitsmarkt reduziert, hat das Konzept falsch verstanden. Das Gute ist, dass ich mit diesem Gefühl nicht alleine bin. Viele Professoren sehen das genauso.

Und was läuft sonst schlecht?

Ich kann hier aus meiner Position als ehemalige studentische Hilfskraft berichten. Mehrere Hundert von uns arbeiten im Umfeld der HU. Vor einer Weile kam es zum großen Clash mit der Uni-Verwaltung – inklusive Streik für bessere Löhne. Auf unsere Forderungen ist die Verwaltung weitestgehend eingegangen. Doch werden in letzter Zeit immer wieder Verträge nicht verlängert. Wir werden quasi entlassen.

Meiner Ansicht nach wird zu sehr auf die Finanzen geschaut. Die Verwaltung leitet die Uni eher wie eine Firma und nicht wie einen Ort, der das freie Denken fördern soll. Der Exzellenzgedanke unterstützt diesen Trend nur noch weiter.

Carolin Einmold, 20 Jahre, studiert Nachhaltiges Management an der Technischen Universität

Wo läuft es gut?

Die Uni ist sehr transparent und demokratisch aufgebaut. Ich übertreibe jetzt ein bisschen, aber wir kriegen praktisch jede Woche Benachrichtigungen dazu, für wen wir wieder bei irgendwelchen Wahlen abstimmen können. Ich engagiere mich zwar selbst nicht aktiv in der Hochschulpolitik, sehe aber, wie wichtig Engagement in diesem Bereich ist.

In diesen Gremien wird maßgeblich mitentschieden, welche Werte und Hierarchien eine Universität bestimmen und ich finde es gut, dass wir angeregt werden, daran teilzuhaben.

Wo muss noch nachgebessert werden?

Bei der Organisation. Damit meine ich gar nicht die TU als Gesamtkomplex, sondern einzelne Studiengänge, bei denen es zu Problemen kommt. Das gilt insbesondere für solche Bereiche, die relativ klein und vor allem noch relativ neu sind. Teilweise funktionieren gerade da bestimmte Abläufe noch nicht richtig. Kurslisten werden nicht aktuell gehalten. Es gibt Studenten, die in der Vergangenheit Module belegen wollten und feststellen mussten, dass es die entsprechende Veranstaltung gar nicht gab.

Außerdem sind Räumlichkeiten und die Ausstattung in einigen Gebäuden katastrophal.

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