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Ex-Bahnchef Heinz Dürr unterstützt heute als Stifter zahlreiche Bildungs- und Kulturprojekte. Foto: Mike Wolff

© mike wolff

Berlin: Wichtige Kontakte

Als Stifter ist Ex-Bahnchef Heinz Dürr dem Regierenden Klaus Wowereit bis heute verbunden. Wirtschaft fürchtet um Handlungsspielraum der Politiker.

Wie eng dürfen die Bande sein, die ein Regierender Bürgermeister mit Wirtschaftslenkern oder Eventmanagern knüpft? Diese Frage wirft die Debatte über zwei Flüge von Klaus Wowereit auf, die er in Chartermaschinen von Ex-Bahn-Chef Heinz Dürr in den Jahren 2002 und 2003 unternahm. Auslöser war Wowereits Urlaubsaufenthalt auf der Finca von Partyveranstalter Manfred Schmidt im Jahr 2004. Gegen Schmidt wird wegen Korruptionsverdachts ermittelt.

Dürr selbst will sich nicht zu den Umständen der London-Flüge äußern. Der Aufsichtsratschef der nach ihm benannten Aktiengesellschaft lebt seit etwa zwölf Jahren in der Stadt. Zuvor hatte er als Bahnchef zwischen 1991 und 1997 bereits wichtige Weichen auch in der Berliner Verkehrspolitik gestellt: Zusammen mit dem Senat hatte der Konzern die Bahnnetze der zuvor geteilten Stadt miteinander verknüpft und an das bundesweite Netz angebunden. Und zusammen mit Bund und Land hatte Dürr Wettbewerb und Bau des Hauptbahnhofs auf den Weg gebracht. In seine Zeit als Bahn-Chef fiel auch der Beschluss zum Umzug der Konzernleitung von Frankfurt nach Berlin. Zahlreiche Arbeitsplätze hingen an dieser Entscheidung – und Steuereinnahmen. Dürr war außerdem Chef des Aufsichtsrats des landeseigenen Wirtschaftsnetzwerks „Partner für Berlin“. Auch als Förderer ist Dürr über die nach ihm und seiner Frau benannte Stiftung in Berlin tätig: Die Mittel fließen zum Beispiel an Bildungsprojekte des Pestalozzi-Fröbel-Hauses für Kinder und Jugendliche oder über die Berliner Festspiele in den „Stückemarkt“ des Theatertreffens, das junge Autoren unterstützt. Auch die Komische Oper wird bedacht.

Die Berührungspunkte mit Wowereit, der auch Kultursenator ist, sind deshalb zahlreich. Als er 2002 den Verdienstorden des Landes Berlin von Wowereit entgegennahm und ein Jahr später im Namen des Bundespräsidenten das Große Verdienstkreuz, hatte Dürr seine wichtigsten Posten bei der Bahn längst geräumt.

In der Berliner Wirtschaft stößt die Diskussion um Wowereits Reisen auf wenig Verständnis. „Die Diskussion droht so auszuufern, dass künftig Kontakte zwischen Politik und Wirtschaft erschwert oder sogar blockiert werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Jan Eder. Der Präsident des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller, Markus Voigt, sagte: „Ich kann nicht erkennen, wo der Regierende Grenzen, die letztlich durch den menschlichen Anstand definiert werden, auch nur annähernd überschritten haben soll.“

Konstruktive Gespräche lebten von gegenseitigem Vertrauen und einer persönlichen Atmosphäre. „Wir sollten dasmoralische Korsett nicht zu eng schnüren“, sagte Voigt. Sonst bleibe Politikern kaum noch Handlungsspielraum. Der künftige Chef der Entwicklungsgesellschaft Tegel, Hardy Rudolf Schmitz, sagte: „Man kann Politikern nicht einerseits vorwerfen, dass sie nicht oft genug mit Unternehmern und Investoren sprechen, und dann andererseits, wenn es doch passiert, sofort unterstellen, dass sie einen persönlichen Vorteil daraus ziehen.“ Wer annehme, Wowereit habe die Reisen zum eigenen Vergnügen unternommen, „versteht den Auftrag des Regierenden nicht“. ball, mod, mot

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