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Berlin: „Wir müssen viel Aufbauarbeit leisten“

Der amtierende CDU-Landesvorsitzende Joachim Zeller über seine neue Rolle – und warum er zugleich Bürgermeister von Mitte bleiben will

Sagen Parteifreunde noch „Ossi“ zu Ihnen?

Nee. Nicht einmal mehr im Scherz.

Sie sind auch gar nicht in der DDR geboren, sondern im polnischen Oppeln und zogen erst 1959 mit den Eltern nach Luckenwalde. Wie kam denn das?

Meine Familie gehörte zu der starken deutschen Minderheit, die es in Oberschlesien gibt. Der Ausreiseantrag war längst gestellt, und wir wollten nach Westdeutschland ziehen. Das haben die polnischen Behörden gestoppt. Frei war nur der Weg in die DDR, zwei Schwestern meiner Mutter wohnten in OstBerlin. Für Berlin selbst herrschte aber eine Zuzugssperre und wir landeten in Luckenwalde, wo ich sofort eingeschult wurde.

Erklärt Ihre Herkunft, dass Sie Slawistik studiert haben?

Zum Gutteil schon. Aber es war ein verschlungener Weg bis zum Studium, denn ich konnte keine Jugendweihe vorzeigen.

Seit wann interessieren Sie sich für Politik? Ein DDR-Bürgerbewegter waren Sie ja nicht…

Im klassischen Sinn nicht. Die meisten Gruppen der DDR-Bürgerbewegung waren beseelt von einem sozialistischen Weltbild; das war nicht meins. Aber es war mir immer wichtig, dem Kollektivzwang in der DDR zu entgehen und für individuelle Rechte einzustehen. Ich habe mich in der deutsch-polnischen Versöhnungsarbeit engagiert und Kontakte zu polnischen Oppositionellen gehabt.

War es Zufall, dass Sie 1990 in der CDU gelandet sind? Es hätten ja auch SPD oder Grüne sein können.

Ich bin ein Anhänger der katholischen Soziallehre und außerdem war ich immer ein glühender Verfechter der deutschen Einheit. Viele meiner Freunde sind 1990 bei Bündnis 90 gelandet oder gingen in die SPD. Aber die wollten fast alle eine reformierte DDR und das war für mich kein Weg. Also bin ich, etwas wild aussehend mit meinen ziemlich langen Haaren, zum CDU-Hauptvorstand in die Jägerstraße getappert. Die dachten zuerst, ich wollte sie provozieren, aber dann habe ich das Parteibuch bekommen.

Schwarz-Grün – ist das für Sie eine Option?

Das ist in Berlin ein schwieriger Weg. Sowohl bei den Grünen wie auch bei der CDU gibt es immer noch fundamentalistische Kräfte, die ihre Ideologien aus der Vergangenheit pflegen. Aber es finden sich glücklicherweise zunehmend junge Leute, die befreit sind von den Kämpfen der 70er und 80er Jahre. Trotzdem bleibt das schwierige Feld der Innenpolitik, wo es nach wie vor kaum gelingt, Brücken zwischen Grünen und CDU zu schlagen.

Seit 1992 sind Sie Stadtrat, seit 1995 Bezirksbürgermeister in Mitte. Sind Sie beleidigt, wenn Parteifreunde den Bürgermeister Zeller einen „Dorfschulzen“ nennen?

Ach was. Ich habe mich ab und zu selbst so bezeichnet. Ich mache seit Mai 1990 Kommunalpolitik. Da hat man viel mit Menschen zu tun und kann noch Entscheidungen treffen, die unmittelbar wirksam werden. Außerdem ist der Bezirk Mitte ein Spiegelbild sozialer und anderer Probleme, die auf die übrigen Teile Berlins und Deutschlands erst noch zukommen. Da liegen Glanz und Elend nahe beieinander.

Sie bleiben Bezirksbürgermeister. Beißt sich dieses Amt nicht mit der Funktion als Parteichef?

Eberhard Diepgen war Regierender Bürgermeister und CDU-Landeschef. Peter Strieder ist Senator und SPD-Landesvorsitzender. Das ist doch nur eine Frage der Organisation .

Regen Sie sich über den Vorwurf auf, nur ein Strohmann des CDU-Fraktionschefs Frank Steffel zu sein?

Der Vorwurf ist absurd. Ich hatte schon ein politisches Leben, als Steffel noch nicht Fraktionschef war. Man sollte mich als eigenständigen Politiker wahrnehmen.

Wie halten Sie von Steffel?

Ich arbeite gut und gerne mit ihm zusammen. Er ist ein politisches Naturtalent mit großer Auffassungsgabe. Er kann auch gut organisieren. Manchmal ist Steffel aber noch ein ungeschliffener Diamant.

Wen wollen Sie im neuen CDU-Landesvorstand haben?

Das wird gemeinsam mit den CDU-Kreisvorsitzenden geklärt. Und dann brauche ich jemanden an meiner Seite als Generalsekretär. Einer, der jünger ist als ich, aber in der Parteiarbeit erfahren und der enge Verbindungen ins Abgeordnetenhaus hat. Er soll sich um die CDU-Geschäftsstelle und die Zusammenarbeit mit den Ortsverbänden kümmern und ab und zu ein kräftiges Wort zur rechten Zeit loslassen. Ich selbst bin ja eher ein ausgleichender Mensch.

Der neue Generalsekretär heißt also Kai Wegner; derzeit noch Chef der Jungen Union?

Ich habe ihn gefragt und er steht zur Verfügung.

Was reizt Sie derzeit an dieser Aufgabe; die Union liegt doch ziemlich am Boden…

Es muss Aufbauarbeit von der Pike auf geleistet werden. Das liegt mir. Wir sind zwar nach der Wahlniederlage 2001 schon ein gutes Stück vorangekommen, es gibt einen Neuanfang. Aber wir müssen die Parteifinanzen weiter konsolidieren und die Arbeit zwischen Fraktion und Parteivorstand enger verzahnen. Die Mitgliederbasis und die Kampagnefähigkeit müssen kräftig gestärkt werden.

Wenn Sie am 24. Mai gewählt werden, bleiben Sie mindestens bis 2005 Landesvorsitzender. Dann beginnt der Wahlkampf. Und Joachim Zeller kandidiert als CDU-Spitzenkandidat?

Das muss die Berliner CDU Anfang 2006 entscheiden. Wir wollen uns doch nicht schon wieder in Personaldebatten verschleißen.

Stölzl stand für das intellektuelle Bürgertum. Für wen und was stehen Sie?

Für die Berliner, wie sie um die Ecke wohnen, leben und arbeiten.

Können Sie eigentlich Klavier spielen wie Ihr Vorgänger Christoph Stölzl?

Gitarre – und Blockflöte. Aber ich war nie eine…

Das Gespräch führte Ulrich Zawatka-Gerlach.

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