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Berlin: Wirtschaftsverbände: Charité bootet den Mittelstand aus

Handwerkskammer und IHK verlangen vom Klinikum Neuausschreibung für die Vergabe des Servicebereichs an privaten Partner

Die Charité stößt mit ihrem Vorhaben, den gesamten Servicebereich von der Küche bis zur Gartenpflege an nur eine mit einem privaten Partner betriebene Tochterfirma auszulagern, auf heftige Kritik bei den Berliner Wirtschaftsunternehmen. IHK und Handwerkskammer verlangen eine neue Ausschreibung: Mittelständische Unternehmen der Stadt hätten bei dem Gesamtauftragsvolumen von 140 Millionen Euro nicht die geringste Chance, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Die bestehenden Verträge des Universitätsklinikums mit rund 200 mittelständischen Unternehmen in Berlin – zum Beispiel für den Wachschutz, die Wäscherei oder die Telefonzentrale – sollen nach Informationen der Berliner IHK und der Handwerkskammer zum Ende des Jahres gekündigt werden.

„Das ist eine mittelstandspolitische Katastrophe“, beklagte HandwerkskammerPräsident Stephan Schwarz am Freitag. Das Ausschreibungsverfahren mit nur einem einzigen Losverfahren sei eine neue und radikale Abkehr der bisherigen Ausschreibungspraxis des Landes und könne zu einem Präzedenzfall führen. „Derzeit ist der Mittelstand der größte Arbeitgeber der Region. Setzt die Charité das Ausschreibungsverfahren tatsächlich fort, wird das weit reichende Folgen für die Beschäftigungs- und Ausbildungssituation der Stadt haben“, sagte Schwarz.

Der Charité-Vorstand weist die Kritik zurück. Nur mit der Paketlösung könne man den maximalen Spareffekt für die Charité erreichen, sagte Klinikumsdirektor Behrend Behrends. „Wenn alle Servicebereiche aus einer Hand versorgt werden, sind die Synergieeffekte am größten.“ Die Charité errechnete sich dadurch Einsparungen von über 21 Millionen Euro.

Gegen Einsparungen habe man nichts, meinte IHK-Präsident Eric Schweitzer. Nur seien die von der Charité kalkulierten Einsparungen nicht gesichert. „Wenn der Mittelstand bei der Ausschreibung beteiligt werden würde, könnte dies mehr Wettbewerb und somit günstigere Angebote mit sich bringen“, sagte Schweitzer. Auch die rechtlichen Aspekte der Ausschreibung seien äußerst zweifelhaft. „Über das im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgelegte Vergabeverfahren setzt sich die Charité klar hinweg“, kritisierte Stephan Schwarz. Danach müssen mittelständische Interessen durch die Aufteilung von Ausschreibungen berücksichtigt werden.

„Das Vergabeverfahren ist gesetzeskonform“, widersprach Behrens. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom September vergangenen Jahres könne die Charité von einer Losaufteilung absehen, wenn ein „unverhältnismäßiger Kostennachteil“ entstünde.

Die Charité gehe davon aus, dass sich kleinere Firmen für den Auftrag zu Konsortien zusammenschließen. „Dann hätten auch Berliner Unternehmen eine Chance“, sagte Behrens. So ist von einem Bieter-Konsortium zu hören, das rund 20 mittelständische Berliner Betriebe als Subunternehmer einsetzen werde.

Dies wies Stephan Schwarz zurück. Seiner Kenntnis nach sind in dem neu zu gründenden Konsortium keine Berliner Firmen vertreten. Wie berichtet, sucht die Charité den Partner für ihr bisher beispielloses Vorhaben in einem europaweiten Ausschreibungsverfahren. Vier Bieterkonsortien sind derzeit in der engeren Wahl. I.B./als

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