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Berlin: Wohin der Aufschwung trägt

Treffpunkt Tagesspiegel im Hotel Intercontinental – Diskutiert wurde die Zukunft der Berliner Industrie

Tempelhof erregt die Gemüter in Berlin – das hat sich beim „Treffpunkt Tagesspiegel“ am vergangenen Montag deutlich gezeigt. Nach Applaus und Zwischenrufen zu urteilen, waren die meisten der rund 500 Gäste mit einer klaren Meinung gekommen, nämlich dass der innerstädtische Flughafen auch nach Inbetriebnahme von Berlin Brandenburg International (BBI) zumindest für Kleinflugzeuge geöffnet bleiben muss.

Doch das Bild änderte sich im Laufe des Abends: Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei/PDS) argumentierte ausdauernd dagegen und stieß damit am Ende auf überraschend viel Zustimmung. Um Tempelhof in welcher Form auch immer offen zu halten, müsste der Landesentwicklungsplan geändert werden, und damit riskiere man, BBI mindestens zu verzögern. „Ich werde das Projekt BBI nicht gefährden. Das ist das Zukunftsprojekt für Berlin, und ich werde es mit Zähnen und Klauen verteidigen“, sagt Wolf. Es gehe bei den Plänen des Investorenduos Fred Langhammer und Ronald Lauder um eine Investitionssumme von 350 Millionen Euro, während der BBI ein Volumen von drei Milliarden Euro erreichen werde.

Wie die Berliner Industrie vom Aufschwung profitiert – unter dieser Leitfrage stand der „Treffpunkt Tagesspiegel“ im Hotel Intercontinental diesmal. Neben Wolf diskutierten der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK), Eric Schweitzer, Motorola-Aufsichtsrat Norbert Quinkert sowie Ursula Weidenfeld, Chefredakteurin des neuen Magazins für den Mittelstand, „Berlin maximal“ und Vizechefredakteurin des Tagesspiegels. Moderator war der frühere Wissenschaftssenator George Turner – der über den fehlenden Zoff zwischen Wolf und Schweitzer klagte.

Einig waren sich die beiden zum Beispiel darin, dass Forschung und Entwicklung die Pfunde sind, mit denen Berlin und seine Industrie wuchern können. „Unser Land und besonders unsere Stadt leben davon, was die Menschen zwischen den Ohren haben“, sagte Schweitzer.

Wolf machte deutlich, dass es den besonders geförderten Branchen nicht vornehmlich um Dienstleistungen gehe. „Wir haben mit Bayer Schering und Berlin Chemie große Hersteller in Berlin, hinzu kommen Weltmarktführer bei der Medizintechnik. Da haben wir wirklich etwas zu bieten.“ Ähnlich sei es auch bei der Medien- und Druckbranche. „Man darf die Berliner Wirtschaft nicht nur auf das reduzieren, was gerade modern ist.“

Bei zwei Themen blieb der Senator allerdings allein. Zum einen herrschte die Meinung auf dem Podium und im Publikum vor, dass Berlin sich zu viel Bürokratie leistet. Quinkert forderte, die Verwaltung müsse „von ganz oben bis ganz unten an einem Strang ziehen“ und ein Konzept des „One Stop Shopping“ umsetzen. Investoren wollten einen Ansprechpartner, nicht viele. Zwar gebe es hier Fortschritte, sagte Ursula Weidenfeld. „Aber man kann sich nicht darauf verlassen. Das eine Unternehmen ist sehr zufrieden, ein anderes überhaupt nicht. Es gibt immer noch eine Zufälligkeit, wie Unternehmen behandelt werden.“

Und auch bei seiner Verteidigung von Klaus Wowereit konnte Wolf kaum Punkte machen. Dass sich der Regierende Bürgermeister nicht ausreichend um die Wirtschaft kümmere, blieb Mehrheitsmeinung im Publikum. Einer der Zuhörer forderte unter großem Applaus eine bessere Imagepflege der Stadt: „Berlin nennt sich arm und sexy, aber es fehlt eine Vision. Der Regierende Bürgermeister darf sich nicht immer nur um Filmpartys kümmern.“

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