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Raus aus der Ruine. In der alten Eisfabrik hatten die Bulgaren bis zur Räumung kurz vor Weihnachten gelebt. Seit einer Woche sind sie auf Bezirkskosten im Hostel, dort müssen sie am Montag ausziehen.

© dpa

Wohnungslose aus der Eisfabrik: Wanderarbeiter ziehen weiter

Die 23 ehemaligen Bewohner der Eisfabrik müssen am Montag aus ihrem Hostel ausziehen. Die neue Lösung hält aber auch nicht lange.

Von Fatina Keilani

Am Montag ziehen die 23 Bulgaren, die der Bezirk Mitte vor einer Woche im A & O Hostel an der Boxhagener Straße in Friedrichshain unterbrachte, erneut um. Bis Donnerstag wohnen sie dann in einem anderen Hostel in Friedrichshain. Das berichtete die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram. Wie es danach weitergehe, solle am Mittwoch geklärt werden. Der zuständige Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) hofft, bis dahin sagen zu können, wie das Land mit den Ansprüchen der Bulgaren umgehen wird.

Am Hostel selbst ist am Sonntag keiner der Betroffenen zu entdecken. Das riesige Gelände ist menschenleer, einzig drei junge Touristen aus Süddeutschland stehen im Hof und rauchen. Sie haben die Nacht durchgemacht und sind gegen 13 Uhr beim Frühstücksbier. Ob sie den Bulgaren begegnet seien? Berichten zufolge soll es Stress im Frühstücksraum gegeben haben. „Ach, hier gibt es einen Frühstücksraum?“, fragt eine der Frauen aus dem Trio lachend. Sie seien gerade erst aufgestanden und nein, sie hätten von nichts gehört.

Wohnungslose aus der Eisfabrik ziehen wieder um

Die Frau an der Rezeption sagt auch nichts, stellt aber ein Telefonat mit Torsten Loos her, dem Chef des Hostels. Doch auch der hat mittlerweile von dem Rummel um sein Haus die Nase voll und will nichts mehr sagen. Außer: „Uns hat das Ganze völlig überrascht, uns war die Brisanz auch nicht bewusst. Man wird dann unfreiwillig in eine politische Diskussion gedrängt.“ Deswegen hat Loos beschlossen, ab sofort keine Auskünfte mehr zu geben. Er bestätigt, dass die Gruppe am Montag auschecke.

Bis kurz vor Weihnachten hatten die Bulgaren in der denkmalgeschützten Ruine der alten Eisfabrik an der Köpenicker Straße in Mitte gehaust. Da dies aber zu gefährlich war, wies das Bezirksamt die Eigentümerin des Grundstücks an, dieses zu sichern und die Menschen zum Verlassen des Geländes zu bewegen. Die Eigentümerin sah sich nicht in der Pflicht und wehrte sich gerichtlich. So kam es dazu, dass kurz vor Weihnachten das Verwaltungsgericht im Eilverfahren entschied, wer welche Aufgaben hat. Die Eigentümerin musste demnach das Gelände sichern und räumen lassen, was sie auch veranlasste. Den Bezirk wiederum sah das Gericht in der Pflicht, die Menschen unterzubringen. Der Bezirk Mitte hatte dies zuvor nicht als seine Aufgabe angesehen, doch das Gericht verwies auf die polizeirechtliche Regelung, wonach Obdachlosigkeit zu vermeiden ist. Für diese Ordnungsaufgabe zur Gefahrenabwehr sei das Bezirksamt verantwortlich, hieß es.

Ehemalige Bewohner der Eisfabrik freuen sich über warmes Wasser

Die mehrheitlich muslimischen Bulgaren hatten vor ihrem Einzug in das Hostel eine Nacht in Räumen der katholischen Kirche Sankt Michael in Kreuzberg verbracht. Ob die Kirche auch jetzt wieder bereit ist, die Menschen aufzunehmen, war am Sonntag nicht zu erfahren. Auch der Bezirk prüft jetzt, wie weit seine Pflichten reichen. Stadtrat von Dassel sagte dazu, er sehe keine dauerhafte Unterbringungsverpflichtung der EU-Bürger auf Staatskosten. Er hoffe vielmehr, die Bulgaren fänden schnell Arbeit und wären dann eigenständig.

23 Männer und drei Frauen seien es, berichtete die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram. Die Männer hätten ihr Arbeitsleben großteils als Helfer auf dem Bau verbracht. Nach der Zeit in der Eisfabrik seien die Bulgaren schon glücklich gewesen, fließend Wasser zu haben, sagte Bayram.

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