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Wolf Biermann: Streit um Ehrenbürgerschaft geht weiter

Die Opposition ist über ein von der rot-roten Koalition angestrebtes neues Verfahren zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde empört. Politiker von CDU, Grünen und FDP kritisieren die Pläne als Eingriffe in die Rechte des Parlaments.

Berlin - Nach dem Willen von SPD und Linkspartei/PDS sollen Vorschläge für die Auszeichnung künftig mit der Mehrheit des Abgeordnetenhauses eingebracht und mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden. Hintergrund ist der öffentliche Streit um die Ehrenbürgerwürde für den 1976 aus der DDR ausgebürgerten Liedermacher Wolf Biermann.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Uwe Goetze, bewertete den Antrag als "äußerst fragwürdig, weil damit die Rechte des Parlaments in besonderer Form beschnitten werden". Auch Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig hält die geplante Änderung für "rechtlich bedenklich und inhaltlich falsch". Aus Sicht von FDP-Fraktionschef Martin Lindner ist das Vorhaben "nicht nachvollziehbar".

"Parteitaktische Spielchen"

SPD und Linkspartei/PDS haben ihren gemeinsamen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung ins Parlament eingebracht. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Auszeichnung solle die Ehrung "nicht tagespolitischen oder parteitaktischen Erwägungen unterliegen", heißt es darin zur Begründung. Ziel sei es, künftig einen breiten Konsens zu erreichen. Der Antrag zur Geschäftsordnung soll im Rechtsausschuss beraten werden.

Rot-Rot wirft der oppositionellen CDU im Zusammenhang mit der Ehrenbürgerwürde für Biermann "parteitaktische Spielchen" vor. Die Union hatte das Thema in die Öffentlichkeit gebracht, nachdem die Sozialdemokraten auf Angebote zur Einigung lange nicht reagierten.

Unter massivem öffentlichen Druck hatte die SPD-Fraktion am Dienstag der Auszeichnung Biermanns schließlich mit großer Mehrheit zugestimmt. Nach der Opposition brachte sie am Donnerstag einen eigenen Antrag ein.

Entscheidung könnte am 1. Februar fallen

Die CDU strebe weiter einen fraktionsübergreifenden Antrag an, sagte Fraktionschef Friedbert Pflüger. Sollten die Sozialdemokraten jedoch bei ihrem Alleingang bleiben, werde sie dem SPD-Antrag zustimmen, weil es ihr "um die Sache geht". Mit dem Thema wird sich am Montag der Kulturausschuss befassen. Nach den Vorstellungen der SPD könnte das Parlament am 1. Februar endgültig über die Ehrenbürgerwürde Biermanns und das neue Verfahren entscheiden.

Die Linkspartei will sich laut einem Fraktionsbeschluss vom Dienstag bei der Abstimmung über die Ehrung des Dichters enthalten. Ginge es bei Biermanns Ernennung zum Ehrenbürger nur um seinen Widerstand gegen das DDR-Regime, hätte er die Unterstützung der Linkspartei gehabt, sagte Landeschef Klaus Lederer. "Ihn aber für seine Wendung vom Pazifisten zum Bellizisten, vom widerständigen, linken Demokraten zum systemkonformen Zeitgeist zu ehren, damit haben wir ein Problem." Knackpunkt seien Biermanns "unsägliche Anwürfe gegenüber Gegnern des Irakkrieges". (Von Christina Schultze, ddp)

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