zum Hauptinhalt

Berlin: Zu viele Zweifel: Freispruch im Prozess um Baby-Schüttler

Gericht: Vater verletzte seinen kleinen Sohn Oskar nicht vorsätzlich

Den Richtern hatten „zu viele“ Zweifel an der Schuld des Vaters. Zwar sei der Angeklagte an dem Geschehen, das zum Tod des acht Monate alten Sohns geführt hatte, beteiligt gewesen, befand das Berliner Landgericht gestern – eine Ohrfeige, ein heftiges Herausnehmen aus dem Sitz oder ein klassisches Schütteln könnte zu den tödlichen Verletzungen geführt haben – aber: „Was aber genau geschah, ist aus Sicht der Kammer unklar“, hieß es im Urteil. Der 43-jährige Anästhesist wurde vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Arzt vorgeworfen, seinen Sohn Oskar im Juli 1999 aus Verärgerung über dessen Schreien so heftig geschüttelt zu haben, dass er damit bei dem Kind tödliche Hirnblutungen verursachte. Der Vater hatte dagegen vor Gericht beteuert, er habe sein Baby „nie geschüttelt oder misshandelt“. Er habe den kleinen Oskar an jenem Tag gefüttert. Der habe sich zwar geweigert, habe auch geschrien, sei dann aber auf seinem Arm eingeschlafen. Kurze Zeit später habe er festgestellt, dass Oskar nicht mehr atmete. Die Anwälte des Arztes sagte, der Tod des Jungen sei ein „tragischer Unglücksfall, kein Kriminalfall“.

Über drei Jahre liefen die Ermittlungen. Im Prozess waren mehrere Gutachter befragt worden. Einer sagte, dass die Forschung bei diesen Fällen noch am Anfang stehe. „Es gibt eine große Bandbreite von Schütteltraumen“, hieß es im Urteil. Ein Problem für die Gerichtsmedizin sei auch gewesen, dass bei dem Baby eine Vorschädigung vorlag. Es litt unter einer Kopfvergrößerung, durch die das Gehirn „verletzlicher“ gewesen sein könnte.

Zu Gunsten des Vaters gingen die Richter davon aus, dass das Kind einen „Ruck“ aushalten musste. Daraus aber sei nicht der Schluss einer vorsätzlichen Tat oder einer Verletzung der Sorgfaltspflicht zu ziehen, hieß es. Der Staatsanwalt, der eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren beantragt hatte, kündigte Rechtsmittel an.

Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false