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Zu wenig Mediziner: Rezept gegen Ärztenot

Der Bund plant ein Gesetz für die Neuregelung der medizinischen Versorgung. In einzelnen Berliner Bezirken fehlen Allgemeinmediziner.

Von Sabine Beikler

Eine schlechte Diagnose: Trotz insgesamt steigender Ärztezahlen gibt es in einzelnen Berliner Bezirken einen Ärztemangel. Fachärzte verlassen zunehmend ärmere Quartiere wie Neukölln und lassen sich in sozial besser gestellten Bezirken wie Charlottenburg-Wilmersdorf nieder. Offiziell aber hat die Stadt eine gute Ausstattung mit niedergelassenen Ärzten aller Fachgruppen – aber nur, weil Berlin als ein einziger Planungsbezirk gilt. Auf die ungleiche Verteilung von Fachpraxen in Städten wie Berlin und auf dem Land will jetzt die Bundespolitik mit einem Gesetzesvorstoß reagieren. „Künftig sollen Versorgungsausschüsse der Länder regionale Besonderheiten berücksichtigen, in Brennpunkten Zulassungen für Ärzte neu erteilen oder Medizinern zusätzliche finanzielle Anreize geben“, sagte am Mittwoch die Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Stefanie Vogelsang, Mitglied im Gesundheitsausschuss.

In diesen Versorgungsausschüssen sollen neben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), den Krankenkassen auch Landesvertreter und Patienten Platz finden. Die Kassenärztliche Vereinigung begrüßt eine solche Neuregelung. Darüber soll am heutigen Donnerstag in Wiesbaden auf einem Arbeitstreffen der Bund-Länder-Kommission zum geplanten Versorgungsgesetz diskutiert werden. „Die bisherige Planung in Berlin als ein Zulassungsbezirk nimmt weder Rücksicht darauf, dass etwa zehn Prozent aller Patienten aus Brandenburg kommen noch werden demografische Besonderheiten wie die Zahl älterer Menschen oder Kinder in den Bezirken einbezogen“, kritisiert Uwe Kraffel, Vize-Vorsitzender der KV Berlin.

Kraffel fordert von der Politik auch, die „Arbeitsbegrenzung“ für Ärzte aufzuheben. Behandelt ein niedergelassener Hausarzt mehr als 1300 Patienten pro Quartal, nimmt er immer weniger Geld für seine Leistungen ein oder muss mit Regressforderungen rechnen. Finanzielle Anreize für Mediziner zu schaffen, um sich in sozial schwachen Gebieten niederzulassen, hält er für wenig sinnvoll. Dort gibt es weniger Privatversicherte, Mediziner müssen deswegen auf Honorare verzichten. Diese Einnahmen aber tragen wesentlich zur Kostendeckung der Praxen bei.

Während in Lichtenberg zum Beispiel statistisch 1719 Einwohner, in Neukölln 1600 oder in Treptow-Köpenick 1691 Menschen auf einen Hausarzt kommen, sind es in Charlottenburg-Wilmersdorf 1059. Die Maßzahl liegt bei 1585 Einwohnern je Hausarzt. Überversorgt sind dagegen Tempelhof-Schöneberg (1231 Einwohner je Hausarzt), Mitte (1247) oder Friedrichshain-Kreuzberg (1376). Den Wanderungstrend von Ärzten innerhalb Berlins in gut situierte Bezirke registrieren Gesundheitsstadträte wie Martin Matz (SPD) in Spandau. Auch er plädiert für die Einrichtung eines neuen Gremiums, das regionale Besonderheiten berücksichtigt. In Berlin arbeiten 8000 niedergelassene Ärzte, darunter 2300 Psychotherapeuten.

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