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Berlin: Zwangsehe? Mann wehrt sich gegen Verheiratung Grieche türkischer Herkunft scheitert vor Gericht

Freispruch für Familie der Braut mangels Beweisen.

Die Hochzeit war ein rauschendes Fest. An die 800 Personen tanzten in einem Saal in Wedding. Braut und Bräutigam strahlten. So jedenfalls sieht es auf vielen Bildern aus. Nun aber wurde die Ehe ein Fall für ein Strafgericht. Eine Familie auf der Anklagebank: Vater, Mutter, Sohn, Schwiegersohn, Tochter und die Oma. So sitzen sie am Mittwoch vor dem Richter. Die Tochter als damalige Braut. Sie war bei der Hochzeit 20 Jahre alt, der Bräutigam gerade 17. „Ich wollte nicht, ich wurde gezwungen“, sagt er später.

Ein ungewöhnlicher Fall einer Zwangsehe. Zumeist sind es Mädchen, die in eine Bindung gedrängt werden, die ihre Familien ausgehandelt haben. Vor dem Amtsgericht geht es um einen jungen Mann, der als 13-Jähriger harmlos mit einer damals 17-Jährigen chattete. Sie hatten ihren Eltern nichts davon gesagt. Darin sind sie sich bis heute einig. Aber bei dem, was in den Jahren danach geschah, gehen die Versionen auseinander.

Zwangsehe, Körperverletzung, Beleidigung, Nötigung. So lauten die Vorwürfe gegen die Familie der damaligen Braut. Forsch tritt die stark geschminkte Frau mit funkelndem Schmuck auf vor dem Richter. „Er hat mich geliebt, er wollte mich haben, bei uns ist 17 nicht zu jung.“ Er habe seine Mutter angefleht, um die Hochzeit gebettelt. Er habe sich als zwei Jahre älter ausgegeben. Nach dem Fest aber sei alles anders gewesen, sagt sie. „Ich wurde eingesperrt, geschlagen, bekam kein Geld.“ Sie habe ihre Eltern angerufen: „Rettet mich.“

Ayse U. und Hassan B. (Namen geändert) stammen aus griechischen Familien mit türkischen Wurzeln. Sie wohnte in Berlin, er in Stuttgart. Lange blieb ihre Internetbekanntschaft ihr Geheimnis. Allerdings gab es nach Darstellung des Mannes bereits damals heftige Drohungen. „Wenn du nicht machst, was ich sage, informiere ich meine Familie“, habe die damals 17-Jährige gedroht. „Sie zwang mich zum Telefonsex“, gab Hassan B. später zu Protokoll. Sie hätten sich dann zwei Jahre aus den Augen verloren. Als er 15 Jahre alt war, trafen sie sich in Berlin zufällig wieder. „Sie hat es geschafft, mich zu verführen“, sagt er. Für Sex habe Ayse U. ihn mit einer Uhr, mit einem Handy oder mit Geld belohnt.

Ayse sei nicht mehr Jungfrau gewesen, sagt der Mann. Sie habe einen Mann gebraucht, um diese Schande zu vertuschen. „Ich kenne die Kultur“, sagt er. Auch seine Anwältin vermutet, dass Hassan B. zur Ehe gezwungen wurde, weil das Mädchen seine Jungfräulichkeit bereits verloren hatte. „Wenn so etwas passiert, wird die Zwangsehe beschlossen“, erklärt die Juristin am Rande der Verhandlung.

Sie heirateten im November 2009 in Griechenland und feierten pompös einen Monat später in Berlin. Hassan B. schildert massive Drohungen im Vorfeld: „Du wirst sie heiraten, sonst kommst du nicht lebend aus der Stadt.“ Mehrfach sei er auch durch Mitglieder der Familie angegriffen, mit Schlägen traktiert oder mit einer abgebrochenen Flasche bedroht worden. Hassan B. sagt, auch seine Eltern hätten keinen anderen Weg gesehen. Er bezahlte die Feier und Gold für die Braut. 20 000 Euro Schulden blieben ihm. Zwei Monate später war es aus.

Für die angeklagte Familie, 22 bis 46 Jahre alt, „alles Lügen, alles Quatsch“. Hassan B. kann nicht sagen, warum er trotz Bedrohungen nach Berlin kam. Es seien Zweifel und Widersprüche geblieben, heißt es von Seiten des Gerichts – Freispruch aus Mangel an Beweisen.

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