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Zwei Wochen vor Räumung: Hoffnung für den Schokoladen

Eigentümer geht von Einigung mit Senat über Ersatzgrundstück aus Mit der „Kirche von Unten“ steht aber das nächste Kulturprojekt vor dem Aus.

Große Runde für ein kleines Kultur- und Kneipenprojekt. Am Donnerstag sprachen Vertreter des Bezirks Mitte, des Landes und des Liegenschaftsfonds im Schokoladen in der Ackerstraße 169 in Mitte darüber, wie man die bevorstehende Räumung am 22. Februar verhindern könne. 60 Immobilien habe man Eigentümer Markus Friedrich als Ersatz angeboten, damit der Schokoladen bleiben könne, sagte Holger Lippmann, Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds. Doch man könne ihn ja nicht zwingen, eine davon zu kaufen.

Noch vor zwei Wochen hieß es beim Liegenschaftsfonds, der Schokoladen sei kein Thema mehr. Dem Vernehmen nach will der Eigentümer nur eine Fläche auf dem Grundstück Ackerstraße/Ecke Invalidenstraße, was Friedrich abstreitet. Da habe Wowereit persönlich interveniert, sagte die frühere Abgeordnete Alice Ströver (Grüne), die Fläche sei Jette Joop angeboten worden. Als Kultursenator müsse sich Wowereit aktiv bei der Vermittlung einsetzen, forderte Ströver.

Man habe Friedrich nochmal ein adäquates Grundstück vorgeschlagen. Der wolle es sich überlegen, sei aber interessiert, sagte Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Stadtentwicklung und als einstiger Baustadtrat von Mitte der Mann, der das Kompensationsgeschäft angeregt hatte. Linke-Parteichef Klaus Lederer und Bezirksbürgermeister Christian Hanke (CDU) forderten eine andere Liegenschaftspolitik. „Wir müssen gentrifizierungsfreie Inseln erhalten“ sagte Hanke.

Im Schokoladen bereitet man sich auf die Räumung vor, der Gerichtsvollzieher soll „freies Geleit“ erhalten, es soll friedlich verlaufen, sagte Chris Keller vom Betreiberverein. Die Unterstützung in der Berliner Szene sei groß, Protest ist angekündigt. Sollte es noch zu einer Rettung kommen, würde die Schweizer Stiftung „Edith Maryon“ das Gebäude kaufen und verpachten, sagte Keller vom Betreiberverein. Die Stiftung stelle Immobilien „soziokulturellen Nutzungen“ zur Verfügung.

Eingeladen, aber nicht erschienen, war der Eigentümer selbst. Dem Tagesspiegel sagte Friedrich später, dass es ihm weniger um eine Räumung gehe als um eine Einigung mit dem Senat, der ihm ein gleichwertiges Grundstück in Mitte anbieten müsse. Bisher sei das nicht geschehen. Doch es gebe „gute Gespräche“. Er sei optimistisch, dass der Schokoladen weiterbesteht. Den Räumungstermin sieht er als Druckmittel. Verschieben, wie es der Schokoladen fordert, will er ihn nicht. Sonst würde sich wieder nichts tun, wie schon viele Jahre lang. In den kommenden Tagen werde es eine Entscheidung geben.

Im Abgeordnetenhaus sagte Finanzsenator Nußbaum am Donnerstag, der Senat sei nach der gerichtlich beschlossenen Räumung hilflos. Zugleich deutete er aber an, dass es eine Lösung des Konflikts geben könne.

Unterstützung wünschen sie sich auch ein paar Straßen weiter. In der Kremmener Straße ist mit der Kirche von Unten ein weiteres Kulturprojekt bedroht. Die KvU war im Jahr 1987 in Ost-Berlin als oppositionelle Gruppe entstanden, in der Kremmener Straße betreibt sie seit 1992 ein Café und einen Konzertraum, es gibt dort eine Volksküche und Nachhilfe. Im Dezember wurde mitgeteilt, dass der Mietvertrag am Jahresende nicht verlängert werde, sagte Franziska Hoffmann von der KvU. Gespräche habe der Eigentümer abgelehnt. Die KvU befürchtet ihr Ende in Mitte, gerade werde das weitere Vorgehen geplant. Der Bezirk müsse das Gespräch mit dem Eigentümer suchen und die KvU retten, sagte Grünen-Politiker Frank Bertermann. Man könne nur vermitteln, sagte Bezirksbürgermeister Hanke. Der österreichische Eigentümer ist nicht unbekannt: ihm gehört das Haus, in dem mal der Knaack Club in Prenzlauer Berg war. Der musste aber wegen klagender Nachbarn schließen. Christoph Spangenberg

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