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Die Band „Fettes Brot“ gibt zum Auftakt ihrer Abschiedstour „Fettes Brot ...is history!“ ein Konzert in der Rostocker Stadthalle.

© dpa/Danny Gohlke

Fettes Brot is history: Hamburger Hip-Hop-Trio verabschiedet sich von seinen „Fan-Brötchen“

Nach drei Jahrzehnten löst sich die Band Fettes Brot auf und verabschiedet sich mit einer letzten großen Tour. Für unsere Autorin ein Pflichttermin. Über den Abschied von der ersten Jugendliebe.

Im Sommer 2022 verkündet die Band Fettes Brot eine traurige Nachricht: Dokter Renz (Martin Vandreier, 48), König Boris (Boris Lauterbach, 48) und Björn Beton (Björn Warns, 49) gehen nach über 30 Jahren getrennte Wege und lösen die Band auf. Brot weint nicht – die Fan-Brötchen allerdings schon. Und ich bin eines davon.

Ende der 90er Jahre ist der Walkman mein treuster Begleiter. Ich mixe mir zu Hause Tapes zusammen, um mir meinen ewiglangen Schulweg erträglicher zu machen. Als ich gerade im Schneidersitz auf dem Wohnzimmerfußboden vor der großen Musikanlage und dem Röhrenfernseher meines Vaters an der nächsten Kassette bastle und darauf warte, dass Viva den neuesten Song von Britney spielt, kommt der Freund meiner Schwester um die Ecke und hält mir eine CD hin. „Hier, hör die mal. Wird dir gefallen.“

Er weiß, dass ich neuerdings auch Deutschrap für mich entdeckt habe. „Du hast nicht die leiseste Ahnung, kennst das alles nur vom Hörensagen!“, schallt es mir aus der Stereoanlage entgegen. Der Song Da draußen von Fettes Brot überzeugt mich auf anhieb und ich habe nun eine neue Lieblingsband in meinem Portfolio.

Live sehe ich die drei Hamburger zum ersten Mal bei der MTV Campus Invasion im Sommer 2006, gefolgt von einem intimen Radiokonzert vor nur knapp 120 Zuschauern zwei Jahre später. Sie unterschreiben nach dem Konzert auf meinem „Schwules Mädchen“-Shirt und ich ergattere mein erstes Foto mit „Doc Renz“. Und zack, verliebt – heutzutage würde man mich als Fangirl bezeichnen. Noch drei weitere Male komme ich zwischen 2014 und 2019 in den Genuss, das HipHop-Trio live zu erleben.

Best-of-Album Fettes Brot Hitstory

Die nun angekündigte letzte Tour ist für mich Pflichtprogramm. Die große Abschiedssause beginnt am vergangenen Dienstagabend mit einer Pop-Up-Show im Glad House in Cottbus. Gespielt werden unter anderem alle Hits des im Februar veröffentlichten Best-of-Albums Fettes Brot ... Hitstory. Mit dieser CD im Gepäck, anstelle eines Mixtapes, trete auch ich meine persönliche Abschiedstour an. Um punkt 20 Uhr heißt es in Cottbus: Butter bei die Fischbrote.

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„Wenn ihr euch wundert, warum wir heute so ein bisschen behäbig wirken… wir haben seit drei Jahren nicht mehr live gespielt“, entschuldigt sich die Band nach einer Stunde. Die knapp 800 Besucher sehen das völlig anders und lassen sich in einer Mischung aus Nostalgie und der Party des Jahrhunderts (Jein) mitreißen.

Ihr müsst hier auch abliefern!

Fettes Brot

Im Glad House bricht ein Erdbeben los, mit schwulen Mädchen, Bettinas und EmanuelasAn Tagen wie diesen ist in Brandenburg Hamburg Calling und Nordisch by Nature angesagt. Nach zweistündiger Show fahren die Brote nicht die Elbe runter, sondern die Spree rauf, um nur 23 Stunden später in der Rostocker Stadthalle auf der Bühne zu stehen.

Der Auftritt beginnt mit einer Fotoshow, die dem Publikum einen sofortigen Flashback in vergangene Zeiten beschert, gefolgt vom poetischen „Es ist 1996…“ – eine Textzeile, die vermutlich jeder Brote-Fan vervollständigen kann. „Ihr guckt uns so erwartungsvoll an. Ihr müsst hier auch abliefern!“, geht zum Start des Konzerts der Appell an die Fans raus. Und die Hamburger bekommen ihr gewünschtes Echo, unter anderem in Form von La-Ola-Wellen.

Demotapes in Brottüten für die Plattenindustrie

Über dem Bühnenbild kreist derweil eine riesige Möwe ihre Runden. „Sie ist der König der Möwen!“. Während der große König Boris Blumen in die Menge wirft und Doc Renz dankend Fangeschenke in Form von fliegenden Slips entgegennimmt, erzählt Schiffmeister Björn von den Anfängen der Band. Von verschickten Demotapes in Brottüten, von den ersten Begegnungen mit der Plattenindustrie, die sich falsch anfühlten und bei denen „irgendetwas nicht stimmte“.

 Boris „König Boris“ Lauterbach (l-r), Martin „Doktor Rentz“ Vandreier und Björn „Björn Beton“ Warns von der Hamburger Hip-Hop-Band «Fettes Brot» stehen auf der Bühne im Cottbuser GladHouse.
Boris „König Boris“ Lauterbach (l-r), Martin „Doktor Rentz“ Vandreier und Björn „Björn Beton“ Warns von der Hamburger Hip-Hop-Band «Fettes Brot» stehen auf der Bühne im Cottbuser GladHouse.

© dpa/Frank Hammerschmidt

Neben einer grandiosen Show mit Liveband, Rap und Gesang ist die Abschiedstour der drei Brote genau das, was sie verspricht: Historie. „Rostock, es war ein sehr schöner Abend mit euch, das kann man mal so sagen!“ Und sie sagen Danke: Für lange 30 Jahre, die „ihr uns die ganze Zeit begleitet habt“. Spätestens jetzt wird dem eingefleischten Fan die bittere Realität dieses Abschieds bewusst.

Nach Cottbus und Rostock bespielen Fettes Brot am kommenden Ostermontag noch ein drittes Mal den Osten Deutschlands und treten in Leipzig auf. Schon bei ihrer Single Da draußen im Jahr 1998 haben sie es vorausgesagt: „Damit niemand schubst, schwitzt und sich alle bewegen, müssen Klubs unsere Gigs in große Hallen verlegen“. Da das Konzert in Leipzig schnell ausverkauft war, wurde es vom Haus Auensee in die Arena hochverlegt. Am 28. April spielt die Band dann ein letztes Mal in Berlin in der Max-Schmeling-Halle.

Was für mich auf dem Wohnzimmerfußboden Ende der 90er Jahre begann und von meiner Schwester damals als eine „sicher schnell wieder vorbeigehende Phase“ betitelt wurde, hält auch 25 Jahre später noch an: Die Liebe zu einer der besten deutschen Hip-Hop-Bands. Auch wenn es im Herbst heißt: Fettes Brot is history.

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