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Stammgast auf der Karte im Jante: Der konfierte Sailbling mit Ampfer und Hefepulver.

© PR/Jante

Sterne-Besuch aus Hannover : Tony Hohlfeld vom „Jante“ servierte diskrete Luxusküche

Dauerbrenner bei der „eatBerlin“: das „Blind Date“ mit dem Tagesspiegel. Diesmal mit einem Gast aus Niedersachsen – und reichlich Finesse auf den Tellern.

Hannover hat eine große gastronomische Zukunft hinter sich. In den Achtziger Jahren gab es in der niedersächsischen Hauptstadt eine Weile lang mehr besternte Restaurants als in Berlin – wo es allerdings auch nur vier waren. Das ist sehr lange her.

Aber seit ein paar Jahren strebt man an der Leine wieder aufwärts, und der Koch, der diesen Ruck maßgeblich bewirkt hat, ist Tony Hohlfeld, dessen „Jante“ seit 2020 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Grund genug, ihn auch einmal in Berlin vorzustellen: Hohlfeld glänzte am Sonntag beim „Blind Date“ des Tagesspiegels im Rahmen der „eatBerlin“ – und das als Gast bei Matthias Gleiß im Kreuzberger „Volt“.

Tony Hohlfeld, Küchenchef im „Jante“, Hannover, hier mal am Pass im „Volt“, wo er beim Blind Date des Tagesspiegels während des Festivals „Eat Berlin“ kochte.

© Bernd Matthies / Tsp

Ohne Berlin hätte Hohlfeld aber womöglich einen anderen Weg genommen. Denn nach seiner Lehre in Hannover, die er klassisch mit 16 Jahren begann, schlug der gebürtige Sachse mehr oder weniger zufällig im „Lorenz Adlon Esszimmer“ auf, wo ihm der notorische Perfektionist Hendrik Otto alles noch einmal beibrachte, ihn in die Gourmet-Küche einführte. Und das war dann neben einem Haufen Talent die perfekte Grundlage, um mit gerade 23 Jahren als Küchenchef in die „Ole Deele“ in Burgwedel zu wechseln und dort den frischen Stern zu verteidigen.

Modern-archaische Kochtechniken wie Fermentieren – im Ergebnis aber nie kopfbetont

Dabei hat der Stil von Hohlfelds Küche kaum noch etwas mit den luxuriös gefärbten Gerichten der neo-französischen Adlon-Schule zu tun. Er setzt auf – nicht zu eng interpretierte – Regionalität unter Einsatz modern-archaischer Kochtechniken wie Fermentieren oder Trocknen. Was er auf den Teller bringt, wirkt aber nie kopfbetont spröde, sondern setzt auf einen süffigen Mischgeschmack mit kleinen Überraschungen: Scheinbar einfache Gerichte, in denen sich die vorher geleistete Arbeit zunächst versteckt. Ein aktueller Höhepunkt ist der Kaviar mit Eis von brauner Butter, gerösteten Bucheckern und Veilchenschaum. Luxus, aber diskret und finessenreich.

Einen typischen Gang hatte Hohlfeld für die über 60 Gäste nahezu unverändert aus dem Restaurantbetrieb mitgebracht. Es war das in brauner Butter lauwarm konfierte Saiblingsfilet, eingewickelt in grüne Ampfer-Streifen, mit sanft süßem Waldmeisterschaum und Hefepulver. Gastwinzer Nico Espenschied aus Rheinhessen servierte dazu jenen Wein, der auch im Restaurant empfohlen wird: einen Roten Traminer „Hautnah“, ausgebaut in gekonnter Naturwein-Stilistik, der das Gericht ausbalanciert und abpuffert, obwohl er keine schmeckbare Süße mitbringt.

Mona Schrader und Tony Hohlfeld vom Restaurant Jante in Hannover.

© PR/Jante

In Hannover ist Mona Schrader für die Weinauswahl verantwortlich, die Lebens- und Geschäftspartnerin Hohlfelds. Auch sie hat schon ein paar Auszeichnungen für ihre Arbeit als Sommelière erhalten, ist in dem kleinen Restaurant zusätzlich für die familiäre Atmosphäre verantwortlich. Die Wege sind kurz, und deshalb tauchen auch immer wieder Köche mit den soeben fertiggestellten Tellern auf und erklären sie, es findet sich stets Zeit für eine kleine Plauderei.

Das „Jante“ entspricht schon äußerlich nicht dem Klischee eines Luxusrestaurants. Es steckt in einem kleinen Pavillonbau, der schon schlechtere Zeiten gesehen hat, angelehnt an den Bahndamm der vielbefahrenen Gleise nach Süden; clevere Taxifahrer erreichen es, indem sie sich dreist über die Aral-Tankstelle schleichen und dann gleich rechts ran fahren.

Hohlfeld und Schrader sind die Eigentümer des Gebäudes, das gibt ihnen Sicherheit und langfristige Perspektiven. Im Übrigen, hier eher unerwartet, gibt es sogar eine kleine Sommerterrasse.

Für Hannover, die einstige Gastro-Metropole, ist das ein großer Gewinn. Sogar Berliner Gäste kommen gezielt hierher, und mancher dämpft die Gesamtkosten, indem er mit dem letzten ICE nach Hause fährt – der Hauptbahnhof ist nur ein paar Taximinuten entfernt. Interessant am Rande: Auch Benjamin Gallein, der von Hohlfeld einst den Herd der „Ole Deele“ übernahm, führt inzwischen ein Zwei-Sterne-Restaurant, das „Votum“ am Landtag.

Hohlfeld jedenfalls dürfte manchem Gast unseres „Blind Date“ Lust auf eine Reise nach Hannover gemacht haben. Zumal er im „Jante“ auch eine Branchenrarität anbietet, die zumindest in großen Städten praktisch ausgestorben ist: einen Lunch am Sonnabend. Ein flexibler Familienbetrieb kann sich so etwas noch leisten.

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