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Andreas Austilat.

© Doris Spiekermann-Klaas

Meine Frau, ihr Garten und ich: Eine Sichtung der Ländereien

Meine Frau war glücklich. „Hornveilchen", sagte sie, „diesmal habe ich welche gekriegt.“

Von Andreas Austilat

„Aha“, sagte ich und guckte mäßig interessiert auf ihre Pappkartons mit Töpfchen voller lila-gelber und lila-weißer Blüten. „Werden die irgendwie rationiert?“ Sie war nicht zu Späßen aufgelegt. „Letztes Jahr gab es jedenfalls plötzlich keine mehr,“ beschied sie mich.

Nun dauerte vergangenes Jahr der Winter ewig, vielleicht waren die Veilchen schon im Handel, als sie keiner wollte, und bei Saisonbeginn hatten sie die Blüte schon hinter sich? Dieses Jahr ist alles anders, und meine Frau verfällt in hektische Aktivität. Vergangenen Sonntag war sie am Harken und am Buddeln, mich machte dagegen der Wetterumschwung ein wenig schläfrig. Als ich in meinem Gartenstuhl wieder aufwachte, spannte die Gesichtshaut – erstaunlich, welche Kraft die Sonne schon hat – und um mich herum war es ganz schön bunt.

Blumen finde ich ja nett, aber die eigentliche Bestimmung eines Gartens ist doch, dass er einen im Notfall ernährt. Ich schwang mich also zu einem kleinen Kontrollgang über unsere Ländereien auf, dauert nicht lang, so groß sind sie auch wieder nicht. Verflixt, die Birnenknospen gehen schon auf. Ich musterte mit Abscheu Nachbars Wacholder, den ich in Verdacht habe, schuld an meiner Birnenmisere zu sein, dachte an den Birnenrost, der garantiert von diesem Wacholder ausgeht. Wahrscheinlich habe ich wieder den richtigen Zeitpunkt verpasst, unsere Bäume vorsorglich einzusprühen.

„Der Pflaumenbaum muss erzogen werden“, rief meine Frau aus dem Hintergrund. Sie ist da sehr streng. Unser Pflaumenbaum befindet sich gewissermaßen in den Flegeljahren. Wir haben ihn jetzt seit drei Sommern, vorher stand er in der Baumschule, ich weiß also nicht ganz genau, wie alt er ist. Meine Frau will ihn unbedingt in eine schöne Form bringen, hat gelesen, das sollte am Ende des Winters geschehen. Also jetzt. Oder ist es nicht schon zu spät? Das muss gut überlegt sein. Ich setzte mich wieder hin.

Anderntags bescheinigte man mir im Büro, ich hätte schon gut Farbe im Gesicht. „Kommt von der Gartenarbeit“, sagte ich ein wenig verlegen. Dann zog ich Erkundigungen ein: Wann ist der Pflaumenbaum zu schneiden? „Anders als Apfel und Birne“, sagt Jakob von Recklinghausen von der Firma Baumliebe. Apfel und Birne sind Kernobst und können zum Ende des Winters geschnitten werden, Steinobst wie die Pflaume würde er erst nach der Blüte schneiden. Die blutet mehr, das heilt im Winter nicht so gut.

Ganz anders Sven Wachtmann von Grünconcept. Den Aufbauschnitt könne man jetzt gut machen und noch bis in die Blütezeit rein. Weil dabei auch Wuchsstoffe frei würden.

Ich war verwirrt. Auf dem Heimweg kaufte ich meiner Frau ein paar Hornveilchen. Ist nie verkehrt.Andreas Austilat

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